„Krach im Hause Gott“: Familienzwist zu Armageddon

Gott hat genug. Überall herrscht Gewalt, Mord und Totschlag. Das Experiment mit dem eigenen Sohn, der eine Botschaft des Friedens und der Barmherzigkeit brachte und der für die Sünden der Menschen gestorben ist: Gescheitert. Also Schluss mit lustig. Und aus mit der Schöpfung. Wenn die Verteidigung beim Jüngsten Gericht keine guten Gegenargumente anbringen kann, steht Armageddon auf dem Programm. Ausgerechnet Satan und Jesus sollen das verhindern und ihren Vater davon überzeugen, die Schöpfung noch ein bisschen länger bestehen zu lassen. Damit ist „Krach im Hause Gott“ vorprogrammiert. Dieses Stück, eine absurd-komische Mysterienspiel-Parodie des österreichischen Dramatikers Felix Mitterer, hat nun das Euro Theater Central in Szene gesetzt – und einige inhaltliche Schwächen mit Hilfe zweier herausragender Schauspieler ausgebügelt.

Vor allem Nikolaus Büchel, der auch die Regie übernommen hat, sowie Lucas Sánchez liefern als Luzifer respektive Gottessohn eine Meisterleistung ab: Der eine ein verschlagener, eloquenter Rhetoriker, der geschickt die Dreifaltigkeit gegeneinander aufzuhetzen versteht, sie beinahe in den Selbstmord treibt und letztlich als klarer Sieger die Bühne verlässt; der andere ein leidenschaftlicher Anwalt der kleinen Leute, ein Fürsprecher der Bedürftigen, der zugleich mit dem eigenen Schicksal und dem Verrat durch die Menschheit an seinem Erbe hadert. Eigentlich hat er sie schon längst aufgegeben, sieht keinen Sinn darin, ein zweites Mal hinabzusteigen und all die Sünden auf sich zu laden, weil ja doch niemand daraus lernt – und doch kämpft er mit aller Macht weiter für das Leben. Diese Zerrissenheit legt Sánchez mit exzellentem Feingefühl dar, arbeitet die Facetten von Jesus geschickt heraus und lässt seine Figur auf diese Weise plastischer und vor allem menschlicher erscheinen als alle anderen im Stück auftretenden Charaktere. Insbesondere im Zusammenspiel mit Büchel glänzt er. Die anderen Schauspieler haben es da schwerer, zumal ihre Rollen mitunter sehr plakativ gezeichnet sind. Insbesondere der Heilige Geist agiert lediglich als eine Art Stiefellecker Gottes, dessen einzige Eigenständigkeit in seiner vehementen und letztlich irrationalen Ablehnung alles Stofflichen besteht. Eric Carter bemüht sich zwar, diesem ominösen Geschöpf Leben einzuhauchen, hat aber nur zum Teil Erfolg; zu oft wirken sein Zorn auf die Menschen im Allgemeinen und auf Jesus im Besonderen aufgesetzt und bemüht. Ein ähnliches Schicksal widerfährt Lisa Wildmann, die in verschiedenen Inkarnationen der Weiblichkeit und schließlich als Muttergott auftritt: Gerade als Putzfrau und dauerkichernde Bewerberin für einen Posten als Sekretärin im Himmel muss sie leider Klischees bedienen. Immerhin darf sich Wildmann wandeln, was sie mit großem Geschick und sichtlichem Genuss tut. Komplettiert wird das Ensemble schließlich durch den souveränen Thomas Krutmann, dessen Gott ein resignierter Patriarch ist, der in verletztem Stolz alles hinwerfen möchte und erst durch satanische Logik seine eigene Fehlbarkeit erkennt.


Apropos Logik: Der hat Autor Mitterer nicht immer konsequent die Führung überlassen, wie es in einem Disput über das Wesen der Menschheit und die Schuld der Religion eigentlich angeraten wäre. So manche Argumente sind eher löchrig – und ob wirklich alles besser wäre, wenn Frauen statt Männern die Welt regieren würden, ist ohnehin eine müßige Diskussion. Einen Erkenntnisgewinn kann das Publikum von „Krach im Hause Gott“ daher nicht erwarten, dank des exzellenten Ensembles aber immerhin 80 Minuten gute Unterhaltung.

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