Zucchini Sistaz: Graziles Grünzeug mit Swing und Charme

Der Bass steht im Lampenschirm, die Gitarre hängt am Mantelständer, in der Posaune ruhen Blumen. Effektiv und effektvoll zugleich. Die drei grün gekleideten Besitzerinnen dieser Instrumente haben sich gerade in die Pause verabschiedet, angeblich um sich Mut antrinken für das Dutzen des Publikums im gut gefüllten Bonner Pantheon. Von wegen. Als ob das Trio das nötig hätte. Denn schüchtern wirken die Zucchini Sistaz, die singend-swingenden Münsteraner Gemüse-Sirenen mit den kecken Texten, nun wirklich nicht. Ganz im Gegenteil: Augenzwinkernd und verschmitzt sorgen Jule Balandat (Kontrabass), Sinje Schnittker (Trompete, Posaune, Glockenspiel) und Tina Werzinger (Gitarre) mit der Eleganz der 20er und 30er Jahre für Begeisterung, dabei immer wieder den Saal in ihre Stücke integrierend – und das alles mit einer bemerkenswerten Leichtigkeit, die mit einer wie auch immer gearteten Zurückhaltung wenig zu tun hat.

Auf der Pantheon-Bühne scheinen sich die Sistaz sichtlich wohl zu fühlen, belegen den gesamten Platz mit Dekoration und Instrumenten – schwer vorstellbar, dass dies auch im kleineren Casino funktioniert hätte. Der Wechsel ins große Haus aufgrund der starken Nachfrage hat sich somit in mehr als einer Hinsicht gelohnt, zumal die ursprüngliche Spielstätte unter einem kleinen Wassereinbruch durch den nachmittäglichen Starkregen zu leiden hatte. Und zu viel Feuchtigkeit ist weder für Zucchini noch für Bässe und Gitarren gut. Die werden ohnehin ordentlich strapaziert: Selbst bei angekündigten Balladen bleibt das Grünzeug nicht lange ruhig, sondern gibt genüsslich Gas. Lediglich das Lied über den Schweinehund von der „grazilen Gazelle“ Jule verbleibt in der coolen Gemächlichkeit.

Das Programm des Trios erfährt mit der Pause eine Zäsur: Sangen die Zucchini in der ersten Hälfte ausschließlich selbst geschriebene Titel, die sich mehrheitlich mit dem Leben in Münster befassen und die Türmerin der Kirche St. Lamberti ebenso zum Thema hat wie die exotische Tänzerin von gegenüber, erklingen jetzt eher Jazz-Standards, die sich mitunter deutlich an die Andrews Sisters anlehnen (Darunter „Rum and Coca Cola“ und „I don't know why“). Schön – aber längst nicht so überzeugend wie die Eigenkompositionen. So fehlt bei „Putting on the Ritz“ die konsequente rhythmische Verschiebung zwischen Text und Grundschlag, die das Stück so besonders macht, während „I don't know why“ trotz oder vielleicht auch wegen der Singenden Säge anstelle des geliebten Basses ein wenig zu träge gerät. Auch bei einer sehr ungewöhnlichen und grundsätzlich kreativen Version von „Männer“ sind Text und Musik nicht immer im Einklang, zumal die Posaune in den Händen von „Schnittchen Schnittker“ längst nicht so überzeugend ist wie ihre gewohnte Trompete. Alles nicht dramatisch, das Konzert vermag weiterhin zu unterhalten. Aber eben nicht mehr ganz auf dem Niveau, das die grünen Schwestern vorgelegt hatten.

Dennoch überwiegt am Ende die Begeisterung: Der freche Tonfall der Zucchini Sistaz, ihre oft skurrilen Grimassen, die insgesamt tolle Show und das virtuos flotte Spiel machen durchaus Lust auf. Dementsprechend bejubelt das Publikum die drei Damen nach einem gut zweistündigen Programm enthusiastisch, fordert noch ein bisschen Grünzeug-Musik – und stellt sicher, dass die Münsteranerinnen bei ihrem nächsten Besuch auf das Du-Getränk verzichten können.

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