Prix Pantheon 2015: Mit viel Gelächter in den Recall

Kompakter, gedrängter, temporeicher: Der 21. Prix Pantheon, seines Zeichens der wahrscheinlich wichtigste privat vergebene Kabarettpreis Deutschlands, hat sich in diesem Jahr einer Reformation unterzogen, die im Vorfeld durchaus für Bedenken gesorgt hat. Der Verzicht auf die sonst übliche Gala, die dafür in Teilen in den zweiten Wettbewerbs-Abend integriert wurde, ließ einen zweitägigen Kleinkunst-Marathon befürchten, der Publikum und Mitwirkende an die Grenzen der Belastbarkeit hätte führen können.

Doch auch wenn die nun gewählte Lösung nicht in allen Belangen perfekt war und die Veranstaltung ohne den Zeitdruck durch den live übertragenen WDR sicherlich entspannter gewesen wäre, brach sich doch immerhin, nicht zuletzt dank des souveränen Moderators Florian Schroeder, der drohende Fließband-Charakter nur selten Bahn. Zumal die Verknappung der den zehn Wettbewerbs-Teilnehmern zur Verfügung stehenden Zeit sogar vor manchen enttäuschenden Längen bewahrte. Denn während einige hochkarätige Künstler durchaus auch 20 Minuten hätten füllen können, erschien bei anderen schon die Hälfte zu viel.

So trennte sich bereits am ersten Abend die Spreu vom Weizen: Fünf Kandidaten durften in bester DSDS-Manier in den Recall, für die anderen war das Ende der Fahnenstange erreicht. Schade war dies vor allem für René Sydow, der zwar mit seiner beißenden, wortgewandten Konsumkritik der mit Abstand politischste Kabarettist im Teilnehmerfeld war, aber weder von dem ohnehin nur mit einer Stimme ausgestatteten Publikum noch seltsamerweise von der sechsköpfigen Jury (darunter die künstlerische Leiterin des Pantheons, Martina Steimer, sowie die Künstler Thomas Lienenlüke, Barbara Ruscher und Bodo Wartke) in die zweite Runde geschickt wurde. Allerdings war es auch die einzige kritikwürdige Entscheidung: Poetry-Slammerin Sarah Bosetti verkaufte sich mit ihren eigentlich herrlich skurrilen Texten leider unter Wert, während der wie ein koffeinsüchtiges Duracell-Häschen agierende Sascha Korf mit übertriebener Hektik und einem „Kennst de, kennst de“-Duktus zu Recht unterging. Gleiches galt für Olivier Sanrey, dessen Belgien-Deutschland-Vergleiche schlichtweg belanglos und inhaltsleer waren, sowie für den aus der Rebell-Comedy bekannten Benaissa, der vehement mit der Kanaken-Karte wedelte und den Ethno-Ansatz trotz seiner permanenten Wertlegung auf seine deutsche Herkunft völlig überreizte.

Die verbleibenden Künstler kämpften am folgenden Tag um die Krone: Das vom Publikum favorisierte Frauenduo Suchtpotenzial (bestehend aus Sängerin Julia Gámez Martin und Pianistin Ariane Müller), dessen grandioses Musikkabarett mit zu dem Besten gehört, was derzeit in diesem Bereich auf deutschen Bühnen zu sehen ist; der Eifel-Basher und Russen-Versteher Kai Spitzl; Till Reiners, so jugendlich wirkend und doch so philosophisch, so intelligent für und gegen die Dummheit argumentierend, dass es ein Genuss ist; der verrückt-verquere Meister des Absurden und Zerstörer sämtlicher Erwartungen, Friedemann Weise; und der das kleine, kurzsichtige Glück umhegende, liebevoll die Natur schützende Sebastian Nitsch. Suchtpotenzial konnte schließlich erneut triumphieren und die Zuschauergunst sowie den Publikumspreis „Beklatscht und Ausgebuht“ erringen, während der Tagträumer Nitsch, den die Jury als einen Poeten beschreibt, der in der Tradition von Hanns Dieter Hüsch stehe, das Rennen um die „Frühreif und Verdorben“-Trophäe für sich entschied.

Gleichzeitig wurde, umrahmt von Auftritten Tobias Manns, Wilfried Schmicklers, Rainald Grebes und Torsten Sträters, der Sonderpreis „Reif und Bekloppt“ überreicht. Die mit 4000 Euro dotierte Auszeichnung ging in diesem Jahr an Jürgen von der Lippe, der laut Aussage der Jury wie kaum ein zweiter zahlreiche Generationen vor dem Fernseher und vor den Bühnen vereint habe. Von seinen Anfangstagen als Gründungsmitglied der Blödelbardentruppe „Gebrüder Blattschuss“ über diversen TV-Shows bis hin zu sprachverliebten Literaturvorstellungen an der Seite von Kollegen wie Jochen Malmsheimer und Carolin Kebekus reicht das Wirken des Hawaiihemdträgers und Gürtellinienneudefinierers, auf den die im Preis genannten Attribute im positiven Sinne ohne weiteres zutreffen.

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