Kraan: Die Phönix-Kapelle

Sind sind wieder da. Auferstanden. Gut, lange hat der Tod diesmal nicht gedauert. Am 9. November 2013 gaben Kraan ihr viertes Abschiedskonzert in ihrer damals 42-jährigen Bandgeschichte – eine Woche später vermeldeten sie ein paar Festival-Auftritte für 2014. Und auch in diesem Jahr sind die phönixgleichen Kraaniche wieder unterwegs. Eines von nur zwei Clubkonzerten hat die legendäre Krautrock-Band jetzt in der ausverkauften Harmonie in Bonn gespielt und dabei eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass man das Ur-Trio aus Hellmut Hattler, Peter Wolbrandt und Jan Friede trotz aller Epitaphe noch lange nicht abschreiben sollte.

Dies weiß auch Hattler selbst. „Wir werden von Jahr zu Jahr besonderer“, sagt er lachend. Trotz oder vielleicht gerade wegen des Spiels mit dem drohenden Ende, dem Bandtod, dem Kraan ein ums andere Mal ein Schnippchen schlägt. Die Kapelle, wie Hattler das Trio nennt, hat noch jede Menge Energie, muss sich noch nicht einmal mit irgendwelchen Nachwuchskräften herumschlagen. Hypnotische Grooves von Drums und Bass, darüber oft nur minimal variierende Gitarrenriffs, treibend, einfangend, faszinierend – diese Mischung aus Jazz und Psychedelic Rock fasziniert noch immer. Das Publikum ist begeistert, viele altgediente Fans sind extra für dieses Konzert in die Bundesstadt gekommen und feiern jeden Ton von Kraan, das souveräne, herrlich gefühlvolle Schlagzeugspiel Friedes, das repetitive und dann auf einmal in ein Solo explodierende Gitarrenspiel Wolbrandts und die virtuosen, teilweise erfreulich frisch und fast funkig wirkenden Bass-Linien Hattlers. Die paar Gesangspassagen, die zu einigen Stücken dazugehören, wirken da schon fast wie Fremdkörper. Rein instrumental gefällt Kraan besser, wirkt die Musik mehr wie aus einem Guss.

Zu der qualitativen Konstante hat sich mittlerweile auch eine personelle gesellt. Die kontinuierlichen Wechsel Anfang der 80er sind längst vergessen, die exzellente Originalbesetzung, die seit Schulzeiten befreundet ist, hält seit dem vierten Comeback vor nunmehr 15 Jahren ohne ernst zu nehmende Auflösungserscheinungen (die Ankündigung von 2013 zählt nicht wirklich) zusammen. Für Kraan ein Rekord. Doch ausgerechnet aus dieser Zeit spielt das Trio sehr wenig. Nur ein Song vom 2010 erschienenen Album „Diamonds“ („Club 20“), keiner von „Psychedelic Man“ oder „Through“. Stattdessen die Klassiker: Das mit Schamanen-Rhythmen und orientalisch klingender E-Gitarre versehene „Kraan Arabia“ etwa, „Holiday am Marterhorn“, „Jerk of Live“ und „Andy Nogger“, all jene Titel also, die 1975 eines der besten Live-Alben der deutschen Rockgeschichte bildeten. Den Fans ist es nur recht. Ein bisschen Nostalgie darf ja wohl sein.

Schon nach einer Stunde wirft Hellmut Hattler einen Blick auf die Uhr. Die Setlist ist abgearbeitet, die Band aber noch lange nicht am Ende. Müde? Keineswegs. Da geht noch was. Also ein ums andere Mal wieder auferstehen und zurück auf die Bühne. Zugabe um Zugabe spielen die Kraaniche, gut 45 Minuten lang. Bei so treuen Fans ist das Ehrensache. „Ich habe echt nicht daran geglaubt, dass wir heute in der Harmonie ausverkauft sind“, gesteht Hattler. Warum? Immerhin versteht es Kraan immer noch, die Menge zu euphorisieren. Ein Bass-Solo von Hattler reicht. Von wegen altes Eisen: Kraan kann noch. Und will auch. Zumindest momentan. Bis zum kommenden Jahr dürfte die Band noch durchhalten, dann kann sie ihr 45-jähriges Jubiläum feiern. Und danach? Wird der Kraanich vielleicht wieder zum Phönix. 

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