Popa Chubby: Feinste Blueswalgesänge

Was für eine Wucht. Ja, die Durchschlagskraft eines Popa Chubby hat sich nicht verändert. Seine Fitness dagegen schon. Und zwar zum Positiven. Der massige US-Amerikaner mit dem bürgerlichen Namen Theodore Joseph Horowitz, der einmal mehr auf der Bühne der Harmonie steht, muss mindestens 20 Kilo abgenommen haben und wirkt dadurch weitaus frischer und energetischer als noch vor zwei Jahren. Abgeklärter auch: Im Gegensatz zu früheren Konzerten, bei denen der Mann aus der Bronx seine Leidenschaft für krachenden, fast schon brachialen Bluesrock auslebte, hat Popa Chubby sich zu seinem 25-jährigen Bühnenjubiläum wieder mehr auf seine musikalischen Wurzeln besonnen. So zelebriert er unter anderem einen herrlichen „Working Class Blues“, angefüllt mit urbanen Sorgen und Wünschen, immer noch unterstützt von einem mächtigen Gitarrensound und einem fetzigen Rhythmus, aber nicht zubetoniert von übermächtigen Riffs. Ein differenziertes Spiel als zuletzt. Ein klareres, prägnanteres, besseres.

„I'm feelin' lucky“ heißt sein aktuelles Album – der Titel ist Programm. „I'm still standing“, sagt Popa Chubby (was er auch des öfteren unter Beweis stellt, wenn er sich von seinem Stuhl erhebt und ein kraftvolles Solo am Bühnenrand spielt). „I'm still rocking“ spricht er dagegen nicht aus, aber jeder kann es sich denken. Zugleich scheint es ihm gut getan zu haben, die neuen Songs ohne allzu großen Druck produziert zu haben. Sehr persönliche und vor allem entspannte Nummern, selbst wenn der 54-Jährige Gas gibt. Was er gerne macht. Dann jagen die Finger über die Saiten seiner völlig zerschrammelten Fender, lehnt er sich in die Musik hinein, lässt sich von ihr tragen, wirkt wie ein Fisch im Wasser. Zugegeben, ein großer Fisch. Aber einer, dessen Eleganz, dessen Virtuosität und dessen bemerkenswerte Stimme, die sowohl unglaublich rau als auch sehr feinfühlig sein kann, immer wieder für Begeisterung sorgt. Zwischendurch wechselt er sogar mal das Instrument, mutiert zum zweiten Schlagzeuger in einem schier endlosen – und letztlich zu langen – Solo in der Mitte des fast dreistündigen Konzerts.

Natürlich lässt Popa Chubby sich auch nicht davon abbringen, zwischen seinen eigenen Kompositionen wie üblich die geliebten Cover-Songs unterzubringen. Für viele Fans sind es die Highlights des Abends, sein „Hey Joe“ oder sein „Wild Horses“. Und auf jeden Fall seine Version von „Hallelujah“, die längst nicht so ruhig bleibt wie das Original von Leonard Cohen, auch nicht so zerbrechlich ist wie die Interpretation Jeff Buckleys, aber bei aller Kraft nicht minder bewegend und emotional. Diese Dualität zeichnet Popa Chubby aus, hat ihn 25 Jahre lang auf den Beinen und auf der Bühne gehalten. Mit der Ruhe, die er nun gefunden zu haben scheint, könnte es noch lange so weiter gehen. Einziger Wermutstropfen: Am Ende der Show fehlte der Hut Popa Chubbys, anscheinend von jemandem aus dem Publikum gestohlen. Der Musiker war stinksauer. Das war's dann mit der Ruhe.

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