The Dad Horse Experience: Kellergospel mit Straßenthemen

„Ich kann nicht wirklich singen, und mehr als vier Saiten überfordern mich“, gesteht dieser seltsame Mann auf der Bühne des Pantheon Casino, der mit einem Banjo auf den Knien einen rauen Gospel nach dem anderen spielt, ganz ungekünstelt, authentisch bis ins Mark, aber eben auch quietschend, eiernd, kreischend, knirschend. Schön im klassischen Sinne ist die Musik von The Dad Horse Experience in der Tat nicht. Auch nicht variantenreich: Tonumfang, Harmonien, Rhythmen bleiben überschaubar. Dafür ist das, was der Banjo-Priester Horst Dieter Ottn da von sich gibt, immerhin abgrundtief ehrlich. Dreckig, roh, schräg, aber ehrlich. So wie das Leben.

Man muss diese Art von Musik mögen, diesen an den „White Trash“ der amerikanischen Unterschicht angelehnten Kellergospel, wie Ottn seinen Stil selbst nennt. Das Publikum im Casino ist auf jeden Fall begeistert, sowohl von den Liedern als auch von den exzessiven Zwischenmoderationen, beide vor allem von einem tiefschwarzen Humor geprägt. Da geht es um Fotos von Kreuzen am Straßenrand, tote Hunde und Mütter, die Frage nach einem Himmel für Gebäude wie das World Trade Center oder ums Alter. Ja, der Dad ist erst vor kurzem 50 geworden, hat eine magische Grenze überschritten und hadert nun mit sich und der Welt. Mitleid gesucht. „Tausche Tränen gegen Sanifair-Bon“, sagt er – und macht das so charmant und amüsant, dass bei aller Wehmut in seinen Texten, bei allem Schmerz und aller Verzweiflung keiner auf diesen Deal eingehen kann.

Für Ottn ist seine Musik mehr als nur Show – sie war seine Rettung, ist sein Halt. Drogen und Alkohol hatten ihn vor 15 Jahren fast zugrunde gerichtet, bis er sich gegen die Sucht entschied. Damit auch weg vom Punk, hin zum Banjo, das ihm ein Freund schenkte, und hin zu den religiösen beziehungsweise spirituellen Liedern, wie sie auch Johnny Cash sang. „Gospel handelt davon, von einem Schmerz erlöst zu werden. Bei Johnny Cash kann ich diesen Schmerz hören“, hat Ottn einmal in einem Interview bekannt. Bei ihm ebenfalls. Auch er ist durch die Hölle gegangen. Und ist wieder rausgekommen. Vielleicht ist das der Grund, weshalb man ihm seine Lieder abnimmt. Selbst wenn sie so schief klingen, dass es manchmal weh tut.

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