„Der Fußballkönig“: Winzigs große Platzangst

„Jetzt ein Gedicht!“ Wenn Willy Winzig nicht weiter weiß, helfen ihm immer ein paar gereimte Verse. Besser als Durchatmen. Das können andere tun. Nicht aber dieser rundliche, von einem Fettnäpfchen ins nächste stapfende Mann mit dem Kassengestell auf der Nase, dessen Mundwerk einfach nicht stillstehen kann. Und es auch nicht sollte: Wie alle Rollen des unvergessenen Heinz Erhardt lebt auch diese vom Sprachwitz-Dauerfeuer, von verbalen Pannen, Irrungen und Wirrungen. In der Komödie „Der Fußballkönig“ erweckt Thorsten Hamer den großen Komiker nun erneut zum Leben – jetzt fand im Kleinen Theater Bad Godesberg die umjubelte Premiere statt.

Hamer kann ohne Übertreibung als Reinkarnation Erhardts gesehen werden: Stimme, Gesten, Ausstrahlung, alles passt perfekt. Die Rolle sitzt, die Rolle der Rolle auch. Als verzweifelter Präsident eines drittklassigen Fußballvereins muss Willy Winzig innerhalb kürzester Zeit 50.000 Euro aufbringen, um seinen geliebten Bolzplatz zu erhalten – unmöglich, wäre da nicht die reiche Tante aus Amerika, die für die Hochzeit seiner Tochter Susanne (süß und bissig zugleich: Eva Wiedemann) eine enorme Mitgift versprochen hat. Also muss sie zumindest zum Schein unter die Haube gebracht werden, als Ehemann muss kurzerhand Trainer Herbert (Olaf Böhnert) herhalten. Alles für den Fußball, alles für den Club. Und der Familiensegen für den Rasen. Klar, dass Chaos ausbricht, als Tante Gisela (Waltraut Haas auf ihrer Abschiedstournee) ihren Besuch ankündigt, um das junge Paar kennenzulernen.

Regisseur Peter Nüesch hat für die Produktion ein exzellentes Ensemble zusammenstellen können, das neben der bewusst überzogenen Wahnwitzigkeit Hamers durchaus bestehen kann. Faszinierend vor allem die Auftritte der 87-jährigen Waltraut Haas, die in den 50er und 60er Jahren mit allen großen deutschen Schauspielern vor der Kamera stand (sie war unter anderem die 'Rössl Wirtin' an der Seite von Peter Alexander in der Operettenverfilmung „Im weißen Rössl“) und auch mit Heinz Erhardt arbeitete: Souverän und dabei gut 15 Jahre jünger wirkend nimmt sie die Bühne in Beschlag und setzt alles daran, das vermeintliche Glück in Aktion zu erleben. Eva Wiedemann macht als Tochter Susanne zunächst gute Miene zum bösen Spiel, heizt im Hintergrund aber ihrem Vater und dem von ihr verabscheuten Herbert permanent ein – erfrischend. Ebenfalls köstlich: Die lautstarken Auftritte von Fabienne Hesse als Herberts polnische Ehefrau Olga, eine attraktive Gewitterziege mit beträchtlichem Temperament. Dagegen kann sich Olga Yakovleva als Putzfrau Elena kaum bemerkbar machen. Zu klein ihre Rolle, zu unscheinbar der Charakter. Und auch der eigentlich sehr solide agierende Olaf Böhnert ist in den Möglichkeiten seiner doch recht klischeebeladenen Figur beschränkt, bleibt als dieser letztlich das Opfer von Winzigs Intrigen und Susannes Attacken und kann trotz aller Bemühungen nur an wenigen Stellen brillieren.

Doch im Mittelpunkt steht ohnehin Thorsten Hamer, der 2010 von der ARD als bester Heinz-Erhardt-Darsteller ausgezeichnet wurde. Er ist es, der das Stück dominiert, auf ihm ruhen alle Blicke. Er nimmt's gelassen – und sticht immer wieder genüsslich in die Blase der Theater-Illusion, wendet sich kurz ans Publikum und spielt bei einem einzigen winzigen Texthänger dank der Hilfe Wiedemanns so elegant weiter, als wäre dies Bestandteil des Drehbuchs. Toll. So garantiert „Der Fußballkönig“ denn auch einen unterhaltsamen Abend. Etwas überdreht, ja sicher. Aber damit eben typisch Ehrhardt.

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