„Das Verhör“: Starkes Thema, schwächelnde Umsetzung

Er ist schuldig! Schuldig! Dieser Schuft! Da sind sich Sergeant Hastings (Hanno Dinger) und zunehmend auch sein Vorgesetzter, Chief Inspector John Parker (Karlheinz Lemken), sicher. Rechtsanwalt Adam Barklay (Rudi Knaus) soll, so die Handlung des nun im Kleinen Theater Bad Godesberg Premiere feiernden Kriminalstücks „Das Verhör“, zwei kleine Mädchen vergewaltigt und ermordet haben – alle Indizien weisen darauf hin, auch wenn konkrete Beweise fehlen. Dennoch, schuldig ist er, keine Frage, selbst Barklays Frau Lilian (Anna Bergman) ist davon überzeugt. Beweise? Ein Geständnis reicht. Also gehen die beiden Polizisten ihren Verdächtigen hart an, setzen ihn unter Druck, zerlegen seine Aussagen, decken Lügen über Lügen auf und ziehen so die Schlinge immer enger. Weil es eben keinen anderen gibt, der als Täter in Frage kommen könnte. Oder?

Die grundlegende Thematik des auf einem Roman von John Wainwright beruhenden Stücks ist prädestiniert für ein Kammerspiel: Starke emotionale Konflikte in einem abgeschlossenen Raum, die im Verlauf des zermürbenden Abends zu explodieren drohen. Doch genau in diesem zentralen Aspekt weist die Inszenierung im Kleinen Theater (Regie: Michael Wedekind) Schwächen auf. Denn eben jene Gefühlsausbrüche, die in einem düsteren Sog kulminieren müssten, nimmt man den eher hölzern agierenden Schauspielern leider nur selten ab. Hanno Dingers Hastings wirkt mehr wie eine klischeebeladene Mischung aus Schimanski und Dirty Harry, dessen Wut einfach nicht tief genug geht, oberflächlich und somit maskenhaft bleibt; auch Rudi Knauss, der immerhin schon in einigen Fernseh-Krimis mitwirkte, bleibt zumindest in der ersten Hälfte des Stücks steif, spielt den blasierten Neureichen ohne die nötige Diktion und wird erst gegen Ende als gebrochener, am Boden zerstörter Mann etwas stärker. Einzig Karlheinz Lemken, der zehn Jahre lang an der Seite von Hannelore Elsner einen Kommissar spielte und somit die nötigen Erfahrungen gesammelt hat, verleiht seiner Rolle die erforderliche Schwermut, schafft den Wechsel zwischen gnadenlosem Ermittler und Freund des Verdächtigen, ohne zu einer „Toto und Harry“-Parodie zu verkommen. Der Konflikt zwischen ihm und Barklay gegen Ende der Handlung, nur die beiden auf engstem Raum im Ringen um die Wahrheit – das hat durchaus jene Qualität, die über die gesamten zwei Stunden (mit Pause) zu erwarten gewesen wären.

Einen nicht unerheblichen Anteil an den offenkundigen Mängeln des Stücks dürfte übrigens auch die die schwammige, schnell ins Langatmige tendierende Bühnenfassung Eddie Cornwells haben. Immer wieder Redundanzen, Wiederholungen, Floskeln, am Ende gar ein banaler Deus-Ex-Machina-Moment, der zugleich so manche Frage nach einem psychologischen Unterbau offen lässt, können nicht wirklich überzeugen. Zumal so Zeit verschenkt wird, mit der man den Figuren ein wenig Tiefgang hätte verleihen können. Die Reaktion des Publikums war denn auch vorhersehbar: Es blieb bei einem höflichen, aber nicht enthusiastischen Applaus.

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