„We Are Space“: Jugendliche ertanzen sich Freiräume

Was ist Raum? Und wie schafft man sich selbigen? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt von „We are Space“, der zweiten Produktion der Cocoondance Junior Company Bonn, die im Rahmen des Flow Dance Festivals am vergangenen Mittwoch als Kooperationsprojekt mit dem Theater Bonn in den Kammerspielen Bad Godesberg ihre Premiere feierte. Die Antwort gaben 31 Kinder und Jugendliche in einer fragmentarischen und zugleich vielschichtigen Choreographie von Rafaële Giovannola und Marcelo Omine: Man tanzt. Und findet mit etwas Glück sogar seinen eigenen Platz.

Von kindischem Ringelreihen oder Eurhythmie, an die jetzt mancher vielleicht denken mag, ist das Ensemble dabei weit entfernt. Stattdessen treffen moderne Tanzformen auf Hiphop- und Poptanz-Elemente, ausdrucksstark und kreativ in Szene gesetzt. Zwar irritieren ab und zu die abrupten Brüche zwischen den einzelnen Passagen, die mal abstrakt, mal erzählerisch und mal formal sind – die Tanzsprache, die die Kinder und Jugendlichen zwischen 8 und 18 Jahren (darunter einige Schüler von Bonns Fünfter Gesamtschule) zusammen mit den Cocoondance-Profis entwickelten, ist aber trotz dieser Vielfalt weitgehend verständlich und nachvollziehbar. Vor allem die Darbietungen der Jungen überzeugen: Selbstbewusst dominieren sie die Bühne, setzen selbst in der Gruppe individuelle Akzente und legen dabei eine bemerkenswerte Intensität an den Tag. Auch vor Soli schrecken sie nicht zurück, wirken dabei fast noch enthusiastischer als die Mädchen, die ohnehin mit sichtlicher Leidenschaft zu Werke gehen.

In der gut 50-minütigen Aufführung herrscht eine grundsätzliche Wechselwirkung zwischen Tänzern und Raum: Sie erkunden ihn, um ihn gleichzeitig zu erschaffen. Bemalte mannsgroße Tafeln kommen immer wieder zum Einsatz, schränken ein, schließen auf, bedrängen und können doch immer wieder zurückgedrängt werden. „Die Erzeugung eines Raumes scheint immer durch eine Bewegung bedingt zu sein, die ihn mit einer Geschichte verbindet“, zitiert das Programmheft den Kulturphilosophen Michel de Certau – und die Kinder setzen diesen Ansatz um. Sie ertanzen sich ihre eigenen Frei- und Spielräume, fordern diese ein, lassen sich nicht lange klein halten, auch wenn über ein Mikrophon ab und zu derartige Einflüsterungen durchgegeben werden. Der Drang nach Entdeckung und Freiheit lässt sich nicht einsperren. Gut so.

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