Pause/Stankowski: Leinen los für Geschichte und Geschichten

Der Rhein, eine natürliche Grenze. Auf der einen Seite die Guten, auf der anderen die Toten. Sagt zumindest Fritz Litzmann alias Rainer Pause – und macht sich zusammen mit dem Historiker Dr. Martin Stankowski und dem vollbesetzten Schiff „Anja“ im Rahmen einer Benefiz-Veranstaltung für den Förderverein des Pantheons auf den Weg stromaufwärts, um die Geschichte dieses deutschen Styx zu präsentieren und wenn nötig zu korrigieren. Denn der Rhenania-Präsident und Ober-Pantheonike lässt nichts auf Bonn, dafür aber alles auf die Schäl Sick kommen, auch wenn sein eloquent-trockener Bühnenpartner die Fakten manchmal etwas anders darstellt.

Aber was weiß ein Sauerländer schon vom Rheinland. Der kann viel erzählen. Nur nicht die Wahrheit. Denn die hat Litzmann gepachtet und scheut sich nicht, diese gegen alle Widrigkeiten öffentlich kund zu tun. „So ist das damals gewesen“, erklärt er dann. Wieder was gelernt.

Die beiden Herren bilden ein faszinierendes Paar: Der trockene Historiker Stankowski und der feucht-fröhliche, gerne mal eine Hommage auf den Rhein singende Litzmann kabbeln und trietzen sich eigentlich ständig, obwohl sie so vieles gemeinsam haben. Eine Leidenschaft für einen ganz besonderen Fluss, zum Beispiel, sowie für die Geschichten, die sich darum ranken. Vom Brückenmännchen an der Kennedybrücke, das seinen blanken Hintern in Richtung Beuel reckt, über die Rolands-Sage bis hin zur Insel Nonnenwerth, wo Liszt, Brahms, Chopin und Schumann das Woodstock des 19. Jahrhunderts entstehen ließen, bei dem als Vorgänger von Sex, Drugs & Rock 'n' Roll noch Wein, Weib und Gesang in Ehren gehalten wurden, berichten die zwei, Verzällchen, Anekdötchen und Historie genüsslich vermischend. Sofern sie nicht ohnehin miteinander identisch sind, wie etwa bei der Krönung von Friedrich dem Schönen im Jahr 1314, der kurzerhand  in das zuvor als Thron dienende Weinfass fiel. Ein früher Sturz hat auch was für sich. Heutzutage dauert so etwas leider in der Regel länger, bis dann die Millionengräber schon stehen und man sie nicht mehr los wird. Und so kommen Stankowski und Litzmann irgendwann auch auf Bärbel Dieckmann zu sprechen, die kurzerhand mit Konrad Adenauer verglichen wird, der ein Talent dafür zu haben schien, das Säckel der Stadt Köln zu erleichtern. Eine Analyse, bei der sich die beiden Kommentatoren ausnahmsweise einmal einig sind.

In manchen Momenten hat es Litzmann mit seiner Seite der Wahrheit allerdings schwer: Wenn Stankowski mit Professor Heinz Günter Horn, pensionierter Ministerialrat für Bodendenkmalpflege und renommierter Archäologe, einen weiteren Wissenschaftler auf die Bühne holt, muss der Rhenania-Präsident mächtig kämpfen, um den Zuhörern Missverständnisse zu ersparen (was bei der leider öfters aussetzenden Technik ohnehin nicht ganz zu vermeiden ist). Doch selbst die Skelette aus dem Doppelgrab von Oberkassel, die Horn und Stankowski als Beleg dafür anbringen, dass die rechte Rheinseite vor etwa 13.500 Jahren schon besiedelt war, bringen Litzmann nicht in Bedrängnis. „Irgendwo muss man ja zum Sterben hingehen“, ruft er – und am besten dorthin, von wo aus man einen abschließenden schönen Blick auf seine Heimat hat. Über die Wupper, über den Jordan, über den Rhein. Redewendungen entstehen nicht ohne Grund. Immerhin: So lange man auf dem Fluss bleibt, auf der Grenze, da ist alles in Ordnung. Nur nicht an der falschen Seite anlegen.

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