Gustav Peter Wöhler: Seelensongs und Wunschlieder

Es ist eine sehr persönliche Song-Auswahl, die Gustav Peter Wöhler für sein Programm „Family Affairs“ getroffen hat. Hinter jedem Titel steckt eine Geschichte, stecken Erinnerungen an ein falsches Weihnachtsgeschenk, an Revoluzzer-Stimmung, ans Coming Out. Eine kleine liedhafte Biographie also, die der Schauspieler und Sänger im Pantheon präsentiert. Mit einigen echten Gänsehaut-Momenten. Aber leider auch mit einigen Schwächen.

Am stärksten wird Gustav Peter Wöhler dann, wenn er sich freischwimmen kann, alle Anspannung fahren und die Rampensau rauslässt. Ob es Bruce Springsteens „I'm on fire“ ist, das von einer leichten Rammstein-Attitüde geprägte „Nur von dir geträumt“ oder die schon lange im Repertoire befindlichen Hits „I'm still haven't found what I'm looking for“ und „Message in a bottle“ (letzteres mit Abstand eines der besten Stücke des Abends): Die Versionen zünden, machen Lust auf mehr. „Wie soll die Tunte Wöhler das denn schaffen“, lästerte dieser selbst vor dem Cover von „The Boss“. Mit Leidenschaft, Energie und Überzeugung. Dann klappt's auch mit den schwierigsten Stücken genau so gut wie mit dem Seelensong: „Damals habe ich gerade gemerkt, dass ich anders ticke als die anderen Jungs in meiner Klasse. Dann habe ich Elton John gehört und gedacht 'der versteht mich'“, erzählt Wöhler – und singt seine Fassung von „Your Song“, löst sich auch von der Original-Melodie, überlässt auch mal dem Bass die Melodie, steigt dann wieder selbst ein, macht das Stück zu seinem eigenen und legt so viel Gefühl hinein, dass es ein Genuss ist.

Trotz einer hervorragenden Band im Hintergrund funktioniert dies allerdings längst nicht bei allen Liedern, die Wöhler sich ausgesucht hat. Vielleicht sind sie noch zu neu und müssen sich erst noch einspielen, vielleicht war es auch die Hitze, die auf der Bühne geherrscht haben muss, doch immer wieder fehlt es an Emotion, Timing, Akzentuierung, so etwa bei „Fields of Gold“, Fleetwood Macs „Landslide“ oder der eigentlich dringend eine kontinuierliche Steigerung benötigenden Simon-and-Garfunkel-Ballade „Bridge over troubled water“. Überhaupt sind es eher die ruhigen Stücke, die lediglich träge dahinplätschern, so sehr sich Bassist Olaf Casimir, Pianist Kai Fischer und Gitarrist Mirko Michalzik auch bemühen, die Spannung mit kreativen Arrangements zu halten. Die Impulse nach vorne können sie in diesen Momenten dennoch nicht kreieren, jenes fast schon elektrische Knistern in der Luft, das solche Lieder zu tragen vermag. Gleiches gilt für Wöhler, der stimmlich öfters mal an seine Grenzen kommt, dies zwar meistens geschickt kaschiert, für den nötigen Ausdruck aber nicht genug Raum findet. Dann wird es Zeit für die Rampensau. Und schon geht’s wieder aufwärts.

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