Dombert & Gall + Geri Allen: Musik zum Träumen und Gähnen

Wieder perlen die Töne, wabern die fast schon meditativen Klänge, schwimmen die Themen nur ab und an vorbei: Seltsam unbestimmt zeigt sich das Jazzfest-Doppelkonzert des Duos Andreas Dombert und Chris Gall auf der einen und der US-Pianistin Geri Allen auf der anderen Seite. In der sehr hallenden ehemaligen Kapelle des Collegium Leoninum setzten sie auf weitgehend virtuose, atmosphärische Umspielungen und Verzierungen, auf Klangfelder statt stringenter Melodieführung. Nett – aber manchmal auch monoton.

Für Dombert und Gall ist es aber ohnehin kein leichtes Konzert: Aufgrund der Akustik verwischen Gitarre und Flügel gerne mal, ausgerechnet in der gefühlten Premiere der neuen CD mit Eigenkompositionen des Duos. Zudem ist Dombert erst vor wenigen Tagen Vater geworden, wird also in der letzten Zeit nicht sonderlich viel Schlaf gekriegt haben. Immerhin, am Auftritt selbst wollten die beiden nicht rütteln. Also brechen sie ein ums andere Mal die Akkorde auf, bringen in manchen Momenten Erinnerungen an Andreas Vollenweider an die Oberfläche, lassen aber einen dringend benötigten Variantenreichtum vermissen. Schema A, A wie Arpeggio. Anfangs nett, irgendwann aber belanglos. Zumal damit so manche Idee ad absurdum geführt wird: In einer Komposition setzt Gitarrist Dombert auf so genannte Cluster-Voicings, eng gesetzte Akkorde mit kleinen Sekunden, nur um diese permanent aufzulösen und so endlose Läufe statt knackiger Reibungen generiert. Dann wieder wird das im 7/8-Takt gehaltene „Seven Drops“ als besonders schnell angepriesen, doch während die obligatorischen Begleitfiguren tatsächlich Tempo aufbauen, werden sie von dominierenden Haltetönen überdeckt, die dem ganzen eine sehr zahme Färbung geben.

Deutlich abwechslungsreicher, aber nicht minder unkonkret legt Geri Allen los. Die Pianistin aus Detroit improvisiert über bekannte Pop-Songs, lässt diese aber zumindest am Anfang ihres Sets kaum zur Entfaltung kommen. Immer wieder ein kurzes Aufblitzen des Themas, mehr gibt es davon nicht zu hören. Stattdessen unfassbar komplexe und dichte Soli, brillant ausgeführt, aber durch den fehlenden Bezugspunkt manchmal in der Luft hängend. Doch im weiteren Verlauf ihres Konzerts wird das Spiel Allens klarer: „Let it be“ ist deutlich zu erkennen, ebenso der Jazz-Pattern aus Marvin Gayes „Inner City Blues“. Erst jetzt offenbart sich die volle Herrlichkeit dieser Improvisationen und Variationen, ohne den direkten Vergleich geht es eben nicht. Auch das Publikum wird jetzt lebhafter, applaudiert bei einem klassischen Blues am stärksten – und genießt erst recht die Zugabe, die Allen nach einer guten Stunde gibt. „A child is born“ von Thad Jones, weitgehend schörkellos, ohne Ausflüge in ferne musikalische Welten. Und erfreulicherweise ohne Arpeggios.

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