Thomas Kreimeyer: Die Qual der Vorführung

„Wenn Sie sich unter Menschen begeben ist das Risiko groß, dass Sie auch angesprochen werden“, sagt Thomas Kreimeyer. Eine Rechtfertigung für seine spezielle Art des Kabaretts soll dies sein, das nach dem Prinzip Stühlchenkreis funktioniert: Im hell erleuchteten Rund des Pantheons zieht Kreimeyer, der mit dem roten Stuhl, seinen Gästen Informationen aus der Nase, um sich dann darüber lustig zu machen. Dumm nur, dass er dabei zumindest an letzterem scheitert: Mit Humor haben die Sprüche des studierten Soziologen, der gerne mal so tut, als sei er schwer von Begriff, in den meisten Fällen wenig zu tun. Eher mit Schadenfreude.

Denn Kreimeyer nutzt gnadenlos jede sprachliche Ungenauigkeit und jede Banalität aus, um seinen Gesprächspartner vorzuführen. Beruf, Essen, sonstige Gewohnheiten: Alles opfert er zu Gunsten von Kalauern, dabei – bewusst oder unbewusst – nach dem wunden Punkt des Gegenübers forschend. Was zwangsläufig in Frust und Langeweile endet. Unterhaltung aus einer Unterhaltung heraus, das ist eine gute Idee, bedarf aber einer gewissen Entspannung, die durch ständiges Nachbohren und Ausfragen nicht aufzukommen vermag. Es ist schon bezeichnend, dass bereits 20 Minuten nach Beginn der Vorstellung das erste Paar sichtlich unzufrieden den Saal verlässt. Und Kreimeyer? Wünscht ihnen noch einen schönen Abend. Geschickt ist das nicht.

Dabei könnte es auch anders laufen, denn tatsächlich gelingt es Kreimeyer, grundsätzlich spannende und amüsante Themen aufzudecken. Ein Medizinjurist erzählt von der Prüfung auf Schicksalhaftigkeit bei einer missglückten Operation von Po-Implantaten, ein Maschinenbauer von Klopapierwickelautomaten und ein Archäologe von römischen Straßen, die wiederum von einem Mann aus der ersten Reihe vermarktet werden. Ein besseres Programm könnte kein Kabarettist schreiben. Doch Kreimeyer nutzt die Vorlagen nur unzulänglich aus, bleibt in seiner Ratlosigkeit verhaftet, mimt den beschränkten Talkmaster ohne Ideen und Informationen, der ständig nachfragen muss und ganz bewusst alles wörtlich nimmt. Dem sich daraus entwickelnden Witz fehlt es dabei an Nachhaltigkeit und Tiefe, zumal das Programm nicht anderweitig unterfüttert wird, nur auf der Kommunikationsfreudigkeit des Publikums beruht. Da hilft auch der Hardcore-Kultur-Kampftrupp nicht, den Kreimeyer im Saal ausgemacht haben will. Ganz im Gegenteil: Der ist besseres gewohnt. Oder zumindest anderes. Worüber sich Kreimeyer immerhin im Klaren ist. „Ich will Sie ja nicht beunruhigen“, sagt er, „aber Sie sind jetzt hier in der Hölle gelandet.“ Es mag einige geben, die ihm da zustimmen. 

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