Prix Pantheon: Punktsiege für Ethno-Comedy und kritisches Liedgut

Es ist vollbracht: Nach zwei harten Wettkampftagen, vier TV-Aufzeichnungen und den Auftritten von zwölf Kleinkunst-Athleten stehen die Gewinner des Publikums- und des Jury-Preises des Prix Pantheon 2014 fest. Ersteren hat sich Özcan Cosar sichern können, letzteren das Liedermacher-Duo Simon & Jan, das nun offiziell als „frühreif und verdorben“gilt. Gute Siege – aber auch extrem knappe. Denn das Teilnehmerfeld war vor allem am zweiten Tag sehr stark, überzeugte mit Musik-Kabarett, Bauchrednerei, Wiener Schmäh, Nonsens und gesellschaftskritischem Witz. Eine großartige Mischung mit nur wenigen Schwächen.

Einige Künstler (allen voran der Tod, der den Prix Pantheon mit seiner Image-Kampagne eröffnen musste und leider dabei hinter seinen Möglichkeiten zurückblieb) hatten allerdings ganz schön zu kämpfen, um die Zuschauer für sich zu gewinnen – selbst Simon & Jan fiel es mit ihren leisen, manchmal fast schon wehleidig wirkenden Tönen zunächst schwer, die Menschen im Saal einzufangen. Zu massiv wog zu diesem Zeitpunkt bereits die Müdigkeit ob der überlangen Show mit dem manchmal in einen Teleshopping-Duktus abrutschenden, sonst aber sehr souveränen Florian Schröder als Moderator, der allerdings gegen die Einwürfe der Pantheon-Granden Fritz und Hermann vom Bühnenrand aus weitgehend machtlos war. Zu groß war zudem der Kontrast zum unmittelbar vorher aufgetretenen Publikumsliebling Cosar und seiner Turbo-Ethno-Comedy, die frischen Wind in ein eigentlich ausgezehrtes, plakatives und mittlerweile oft peinliches Genre brachte und mit Pointen im Sekundentakt für Jubelstürme sorgte. Kleine nachdenkliche Liedchen über Stimmungsschwankungen, Karnickelkotze und Moritz Bleibtreu kamen gegen diesen Frohsinn nur mit Mühe an. Die Expertenjury lobte in ihrer Laudatio dennoch die Liedermacher-Generation 2.0 in Form von Simon & Jan und ihre Beschäftigung mit gesellschaftspolitischen Themen, deren Kritik in dem großartigen kritischen „Die Erde dreht sich“ kulminierte.

Ähnlich scharf gaben sich nur wenige – herausragend waren allerdings Nicole Knuth und Olga Tucek, die mit scheinbare harmlosen, fast volksliedhaften Weisen eine Spitze nach der anderen abschossen, in einer Ballade vom sexuellen Missbrauch eines Jungen durch einen Priester sangen, in einer Frikadelle Jörg Haider entdeckten und letztlich jedem Menschen die Absolution erteilten. Jeder Mensch ist gut, ob er auf Kinder steht oder auf Gummitwist. Autsch. Ob das dann auch für jene gilt, die dem Tipp von Onkel Fisch folgen und ihr Haus mit Bio-Pelzmänteln dämmen, für die Robben extra mit unbehandelten Holzpaddeln erschlagen werden? Wenn es staatlich subventioniert wird, sicherlich schon – die letzte Volte einer ganzen Reihe von Energiewenden auf der Achterbahn der Absurdität, die der Onkel und der Fisch in ihren Hoeneß-Anzügen und der glücklicherweise unsichtbaren Feinripp-Mode von „Brüderle's Secret“ mit Wonne immer wieder nutzten.

Schräger Humor spielte beim Prix Pantheon 2014 eine große Rolle. Allen voran der von C. Heiland, dem Messias des Nonsens („Ich steh auf einem Fußgängerübergang und bin nackt. Ich bin ein Zebra“), der Erlösung mit einer Mischung aus Kabarett und Omnichord versprach und darum bat, dass ihm alle sektenhaft nach dem Mund reden. Bauchredner Benjamin Tomkins sprach derweil mit einem alten Sack und machte Fischgedanken hörbar, während Lars Redlich von einsamen Socken sang, den Ursprung des Hip Hop im Rezitativ einer Barock-Oper verordnete und musikalisch überzeugen konnte, inhaltlich dagegen leichte Schwächen zeigte. Ein böses Zeichen der Leistungsgesellschaft, mag Henning Schmidtke jetzt monieren, was diesen aber nicht davon abhielt, beim Prix Pantheon mitzumachen. Gleiches galt für Kristina Kruttke und Enissa Amani, die beide mit typischer Frauen-Comedy zu punkten versuchten – was letzterer immerhin ansatzweise gelang. Und dann war da noch der erstaunlich starke Michael Elsener: Der Schweizer galt am Ende des ersten Tages dank seiner Neutralitäts- und Bankgeheimnis-Erklärungen im „Sendung mit der Maus“-Stil als Favorit für den Jury-Preis. Hätte er auch verdient. So wie viele andere Teilnehmer. 

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