Desimo: Im Bann des Drachenflüsterers

Hic sunt dracones – hier sind Drachen. Stand schon auf den alten Karten über unerforschtem Gebiet als Warnung vor dem Unbekannten und Unerklärlichen. Und ist nun eben auf einem Plakat zu lesen, das neben Detlef Simon alias Desimo auf der Bühne im Haus der Springmaus angebracht ist. Mit der selben Funktion wie im Mittelalter. Nur diesmal auf den Illusionisten und Manipulator bezogen, diesem Drachenflüsterer, der mit der Wahrnehmung spielt wie andere mit einem Jojo, Fremden telepathisch Klingonisch beibringt und selbst die Elemente auszutauschen vermag. Tricksen mit Worten. Aber selbst wenn man dies weiß, kann man Desimo nicht widerstehen.

Tatsächlich verblüfft der Zauberkünstler immer wieder aufs Neue. Mal liegt er fünf Mal in Folge beim Wahrsage-Elfmeterschießen richtig, dann wieder lässt er Socken verschwinden oder durchschreitet Absperrbänder. Ein großes Lob verdient er dabei für seinen Umgang mit dem Publikum, aus dem er sich immer wieder willige Kandidaten herausangelt: Hier ist einer, der nicht vorführt, sondern Respekt zeigt, der mit- und nicht auslacht. Doch wahrscheinlich würde es ihm ohne das so hergestellte Vertrauen auch deutlich schwerer fallen, seinen Opfern die gewünschten Ideen einzutrichtern. Großartig etwa, wie Desimo eine Frau in einen Fühlkasten greifen lässt und sie durch geschickt platzierte Worte davon überzeugt, dass sie darin eine Uhr und nicht etwa einen Schuh ertastet – nur um im Anschluss noch einen Schritt weiter zu gehen und ihr, die sie nun um die Fähigkeiten ihres Gegenübers weiß, eine Wasserflasche als eine Schachtel Streichhölzer zu verkaufen. Unglaublich. Aber wahr.

Doch Desimo ist mehr als nur ein Magier: Auch als Kabarettist und Comedian versteht er zu begeistern, schlägt immer wieder kritische Töne an, spricht über die Bänker in der Griechenland-Krise, Lügen in der Lebensmittel-Industrie oder so manchen Gesetzes- und Verbotswahn. Dann wiederum kalauert er sich durch einen selbst geschriebenen Skandinavien-Krimi mit einem Höchstmaß an abstrusen Wortspielen, moderiert live und im besten Sport-Duktus aus einem Kreißsaal oder vermittelt unnützes Wissen – sofern es letzteres überhaupt gibt. Dabei gelingt es Desimo geschickt, die Balance zu wahren, niemals ins unerträglich Peinliche abzugleiten und selbst den noch so skurrilsten Gag charmant zu transportieren. Nur um dann doch wieder bei Täuschung und Wahrnehmung zu landen. Wie gut, dass es in diesem Reich noch genug Drachen gibt.

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