Beyoncé: Die R&B-Queen mit der Goldkante

Endlich: Die Krönungsmesse von Queen Bey hat begonnen. Fette Beats dröhender Bässe, knapp bekleidete Tänzerinnen, ein ausrastendes Publikum, alles also, was man von einem Zweistunden-Konzert des Megastars Beyoncé erwarten kann. Für das erstes von nur zwei Deutschland-Konzerten der „Mrs. Carter Show World Tour“ Mk II in der Lanxess-Arena Köln haben besonders hartnäckige Fans schon seit 9 Uhr vor dem Eingang campiert, um ja möglichst weit vorne stehen zu können. Andere setzten auf ihr Glück, spendeten drei Euro für die Chance, kurz vor dem Auftritt der Hohepriesterin des modernen R&B noch direkt an den Bühnenrand geführt zu werden.

Alles für ein kleines Bad im Gold- und Silberglanz von Beyoncé Knowles-Carter, die um 21.20 Uhr, gut eine Stunde nach dem Abschied des Pariser DJs Monsieur Adi, ihren Astralkörper zu den ersten Elektro-Rhythmen wiegt, „We flawless, ladies tell 'em / Say 'I look so good tonight'“ singt (wobei sie zwischendurch „Bow Down Bitches“ intoniert) und dazu Auszüge aus einer Feminismus-Rede der nigerianischen Schriftstellerin Chimamanda Ngozi Adichie über eine riesige Videowand flimmern lässt. Emanzipation und Körperkult, für diese Künstlerin sind das offenbar auch auf ihrem neuen, erst im Dezember völlig überraschend veröffentlichten Album „Beyoncé“ keine Widersprüche.

Dem Publikum sind derartige Diskrepanzen egal: Es bejubelt jedes einzelne Wort Beyoncés, genießt die sexy Show samt Pole-Dance-Einlagen, Booty Shakes und Flammenwänden, dieses gigantische Spiel von Erotik und Disco-Klängen. Eine extravagante Peep-Show für alle, gespickt mit teils äußerst expliziten Texten, etwa bei dem majestätischen und zugleich ironisch gebrochenen „Blow“, bei dem Pac-Man auf der LED-Wand einige „Cherries“ verschlingen muss – Entjungferung gepaart mit Gefräßigkeit. Was Beyoncé wohl damit sagen will? Egal, zum Nachdenken kommt man ohnehin nicht, zu groß ist die Reizüberflutung durch Musik und Tanz. Die exquisite Choreographie zieht einen unweigerlich in ihren Bann, die Laszivität der Frauentruppe (und die Hip-Hop-Moves der beiden herausragenden französischen Zwillingstänzer Laurent und Larry Bourgeois) um Queen Bey in ihren andauernd wechselnden Kostümen zündet von der ersten Sekunde an. Besonders heiß wird es bei „Drunk in love“ mit einer sich verführerisch auf einem Stuhl räkelnden goldenen Beyoncé – leider bleibt Ehemann Jay-Z, der etwa bei der Grammy-Verleihung diesen Song unterstützte, in Köln der Bühne fern. Ein Superstar allein muss reichen. Kein Problem, wenn nur der Sound stimmen würde: In der Lanxess-Arena dröhnt es häufig, anstatt zu klingen, selbst Bläsersätze werden von dem übermächtigen Techno-Bass zu Brei geschlagen. Grauenhaft. So sind es denn die klassischeren R&B-Hits, die am besten wirken, zumal sich dann der Schwerpunkt verlagert, Beats und Tanz zugunsten von Gesang in den Hintergrund treten müssen.

Tatsächlich gewinnt das Konzert durch die Reduktion enorm an Qualität: Bei „Irreplaceable“ reichen Akustik-Gitarre und E-Bass völlig aus. Jetzt erst kann Beyoncé ihr fantastisches Organ zur vollen Entfaltung bringen, in immer neuen Höhen neue Klangräume finden, sich aufbäumen und in vollem Glanze strahlen. Zugleich nutzt sie (nach eingeforderten Liebeserklärungen ihrer Fans, die in einem ohrenbetäubenden Sturm aus Kreischen und Applaus münden) die durch eine nicht länger vorgegebene Choreographie geschaffenen Freiräume, um mit ihren Fans auf Tuchfühlung zu gehen, Hände zu schütteln und einen überraschten Mann gar spontan zu umarmen. Bei „Love on Top“ lässt sie dann noch ein paar Kinder, die irgendwie ganz nach vorne gelangt sind, das „Ba dap da dap“ in ihr Mikro singen – ein schöner, menschlicher Zug. Hier präsentiert sich nicht die von Elektro-Sounds getriebene Goldmaschine, sondern eine Sängerin, tatsächlich auch mal authentisch wirken kann, die mehr ist als nur eine Ikone des permanenten Selbstverbesserungs-Wahns, die sich in einer bombastischen Zweistunden-Show selbst die Krone aufsetzt.

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