Xavas: Lobhudeleien von zwei selbsternannten Königen

An Selbstbewusstsein fehlt es Kool Savas und Xavier Naidoo wahrlich nicht. Der selbsternannte King of Rap und der nicht minder stolze King of Soul haben am Samstag als Xavas die KunstRasen-Saison 2013 beendet und dabei ein letztes Mal fette Beats aufgefahren. Genau das, was das Publikum will: Die „unglaublich erfolgreichen Popstars“ (so singen die beiden in „Die Zukunft trägt meinen Namen“) werden frenetisch empfangen, tausende Arme und Hände wippen im Takt, viele schwenken Handys oder Kleinkameras, von hinten sieht es aus wie ein Meer von wogenden Leuchtfischen. Hat schon was.

Selbst der immer wiederkehrende Nieselregen stört die Stimmung kaum. Immer wieder kommt es zu Jubelschreien, wenn Kool Savas zu einem seiner Turbo-Raps ansetzt, noch lauter wird es bei den Solo-Einlagen des Sohns Mannheims. „Dieser Weg wird kein leichter sein“, intoniert Xavier kurz nach Beginn des Konzerts, berühmte und beliebte Zeilen, die im Gegensatz zu den zungenbrecherischen Savas-Passagen zum Mitsingen einladen. „Du hast uns gerade in die Herzen der Leute gesungen“, lobt denn auch Savas.

Überhaupt wird an diesem Abend viel gelobt. Zwei Bühnenpartner auf Kuschelkurs. Oder eine sich selbst umarmende „gespaltene Persönlichkeit“, wie Naidoo und Savas ihr Album betitelt haben. „Platin, Silber, alles egal, Hauptsache wir können zusammen hier auf der Bühne stehen“, sagen sie. Wobei die gemeinsame Zeit nur einen kleinen Teil der Show ausmacht. Weitaus häufiger greift einer der beiden auf Solo-Material zurück: Xavier schmalzt „Ich brauche dich“ oder „Ich kenne nichts“, Savas rappt „immer wenn ich rhyme“ und bekennt sich zu seiner Aura. Alles schön egozentrisch. Dazu flackern auf einer großen Leinwand Videoinstallationen durch die Nacht, mal zerbrechende Herzen, dann wieder seltsame Flugsimulator-Grafiken. Das Xavas-Projekt, eine Symbiose aus den Stärken der beiden Musiker, spielt da kaum noch eine Rolle. Aber eine gespaltene Persönlichkeit kann ja auch nicht mit sich selbst im Chor singen.

Das dissoziative Thema des Konzerts ist zugleich beschreibend für das Verhältnis Bonns mit dem KunstRasen als Ganzem. Auf der einen Seite will sich die UN- und Universitätsstadt jung und frisch präsentieren, Jugendlichen und Studenten (alleine letztere machen gut ein Zehntel der Gesamtbevölkerung aus) ein sie ansprechendes Kulturangebot machen, auf der anderen Seite torpedieren Anwohner regelmäßig derartige Großveranstaltungen. Und die Politiker? Spielen häufig Fähnchen im Wind, wie zuletzt erneut die Diskussion um Partyschiffe auf dem Rhein bewies. Auch die Klage eines Bauingenieurs gegen den KunstRasen wirkt noch nach: Zwar haben sowohl die geduldigen und zuletzt ständig Kompromisse suchenden KunstRasen-Betreiber als auch Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch Interesse an einer Fortführung der Open-Air-Reihe in 2014 bekundet, in welcher Form dies allerdings geschehen soll, ist noch offen. Zehn Konzerte dürfen ja ohne Dezibelbeschränkungen stattfinden, doch für weitere Veranstaltungen scheint es derzeit noch an Rechtssicherheit zu mangeln. Und welcher Künstler will schon an einem Veranstaltungsort spielen, an dem ihm gegebenenfalls wie bei Bosse der Sound durch juristische Vorgaben verkrüppelt oder wie bei Sophie Hunger gar ganz abgedreht werden muss?

Immerhin: Beim Xavas-Konzert läuft in dieser Hinsicht glücklicherweise alles glatt. Die gespaltene Persönlichkeit sorgt für hervorragende Laune bei den Besuchern, was auch auf der Bühne nicht unbemerkt bleibt. „Ich kenne nichts, was so geil ist wie unser Publikum“, freut sich Xavier. Das wiederum gibt das Kompliment zurück. An Xavas. Und an den KunstRasen. 

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