Katie Melua: Bezauberndes, aber viel zu kurzes Vergnügen

Ganz dezent ist das Arrangement von „I love to kill you“, ganz leicht. Der Tötungswunsch steckt in Zuckerwatte. Es ist die große Stärke von Katie Melua, derart zerbrechliche Songs zu schreiben und ihnen dann die nötige Spannung zu verleihen, um bis in die letzte Reihe des KunstRasens zu tragen. Ihre größten Hits, die sie natürlich in Bonn ebenfalls spielt, unterstreichen das: „The closest thing to crazy“ und „Nine million bicycles“ besitzen ebenfalls dieses zarte Geflecht – und dazu diese unschuldig wirkende, verträumte Stimme, so als ob die 28-Jährige in Gedanken ganz weit weg ist, irgendwo versunken in ihrer eigenen Phantasiewelt.

Zwei Tage zuvor stand Zaz auf der selben Bühne wie jetzt Katie Melua. Die gleiche Generation (Zaz ist vier Jahre älter), die gleiche Liebe zur Musik, die gleichen Einflüsse von Jazz, Folk, Rock – und doch so verschieden. Auf der einen Seite die extrovertierte, energiegeladene Französin, immer in Bewegung und mit elektrifizierendem Charisma; auf der anderen Seite jetzt diese ruhige, in sich gekehrte gebürtige Georgierin mit den Andie-MacDowell-Gedächnislocken, die bei ihren unschuldigen Balladen unwillkürlich eine Art Beschützerinstinkt auslöst. Dabei hat sie den noch nicht einmal nötig, kann nämlich auch anders, hat energetisch vorwärtsdrängende Folk-Nummern wie „Two bare feet“ und „Crawling up the hill“ im Repertoire oder kraftvolle, an Progressive Rock erinnernde Einzelstücke wie das spannende „The Flood“. Schließlich müssen in den vergangenen zehn Jahren seit dem Erscheinen der ersten Platte ja zumindest ein paar Experimente gewagt und neue Wege beschritten worden sein. Doch trotz mancher Tempo-Stücke, trotz lässigem Swing („My aphrodisiac is you“) oder leichtem Reggae („Ghost Town“) ist Katie Melua am stärksten, wenn sie alles reduziert, ihre großartige, präzise und virtuos spielende Band nur das Nötigste hinzufügt. Dann kann die junge Sängerin völlig in sich versinken – und das Publikum mitziehen. So ist es auch die Cover-Version von „Diamonds are forever“, bei der sie nur mit ihrer Gitarre und ihrer Stimme den stärksten Eindruck hinterlässt.

Abseits der musikalischen Bühne gibt sich Katie Melua ebenfalls charmant, lobt die Stadt, durch die sie am Vormittag gewandert sei und in der sie neben einem bezaubernden Kaffeehaus auch die Bonn teilenden Schienen entdeckt habe; später gratuliert sie Geburtstagskindern und Jahrestagspärchen. Doch all ihre Freundlichkeit und ihr Zauber können Katie Melua nicht ganz vor einem Kritikpunkt schützen: Der Kürze ihres Auftritts. Inklusive Zugabe steht sie 90 Minuten lang auf der Bühne, bei Ticketkosten von 65 Euro. Ein bisschen knapp, auch wenn mit der Australierin Kate Miller-Heidke, die in sich die Gene von Nina Hagen und Enya zu vereinen scheint, immerhin noch eine ungewöhnliche Vorband vertreten war. Die halbstündige Mischung aus klassischem Liedermachertum mit Gitarrenunterstützung sowie Anklängen von Oper, experimenteller Gesangsmystik und menschlichem Theremin hatte durchaus Charme und erhielt von dem sitzenden Publikum kräftigen Applaus, ebenso wie Katie Melua. Dennoch hätte letztere ruhig ein paar mehr Songs aus ihrem fünf Alben umfassenden Fundus zum Besten geben können. Zeit für ein paar weitere Prisen Feenstaub hätte sie gehabt.

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