The Ten Tenors: Belcanto-triefender Übermut

„Gemeinsam sind wir stark“ – mit diesem Motto haben die Ten Tenors seit Jahren Erfolg. Zehn kraftvolle, ausgebildete Stimmen, die mit der Macht einer Dampfwalze durch den Saal fegen und doch virtuos beherrscht werden. Auch in der etwa halb gefüllten Beethovenhalle setzten die „Triple-T“ auf ihren Belcanto-Gesang, mit dem sie sowohl klassische Arien als auch Rock-Songs intonierten und der gewissermaßen als Zuckerguss dienen sollte. Ein schöner, aber vieles vereinheitlichender Schmelz, der sich leider häufig zu hoch auftürmt.

Während etwa „Dein ist mein ganzes Herz“ und selbst Gotteslob wie „Miserere“ oder das „Ave Maria“ von Bach und Gounod diesen stimmlich auf höchstem Niveau präsentierten Bombast noch einigermaßen vertragen können, übertreiben die zehn Tenöre es vor allem bei beliebten Pop-Balladen, die sie mit ihrem Elan und ihrer Gesangsgewalt völlig überfrachten. Ein Goldanstrich genügt nicht, auch ein einfacher Platinüberzug ist zu wenig, es muss mindestens Double Platinum sein. Masse statt Klasse. Das in seiner Schlichtheit wunderschöne „The Boxer“ verkommt so zur pathetischen Rocknummer, ein ähnliches Schicksal ereilt das im Original ruhig dahinfließende Carpenters-Stück „Close to you“. Die nötige Leichtigkeit, mit der diese Lieder gen Himmel streben, wird durch das Gewicht der australischen Schmetterer negiert, die zudem oft nicht das nötige Momentum aufbauen, um wirklich in Fahrt zu kommen. Die unnötig klangvergrößerte Einheitshymne „Wind of Change“ etwa zieht sich wie Gummi, auch Teile des Michael-Jackson-Medleys („Man in the Mirror“, „Billy Jean“) sind bei weitem nicht knackig genug, obwohl das Publikum, davon ungestört, frenetisch mitklatscht..

Dabei können die Fabulous Ten mehr. Wenn sie dem Potenzial des Liedes Raum lassen und ihre eigenen Stimmen nicht durch die Masse einengen, sondern zur Entfaltung bringen. Bestes Beispiel ist Leonard Cohens traumhaftes „Halleluja“, bei dem dank einer exzellenten Dynamik, gut gesetzten Oberstimmen und einem an den richtigen Stellen Druck machenden Schlagzeug (das leider in vielen anderen Stücken zu laut daherkommt) eine neue Qualität entsteht. Gleiches gilt für die Aussie-Hits „Down under“ und „Waltzing Matilda“, die viel überzeugender wirken als das jene Songs, die vor allem zur Befriedigung des Publikums dienen, die Mitklatsch- und Mitsing-Potenzial haben und gar, wie bei Meat Loafs Bombastliebeslied „I would do anything for love“, die Leute von den Stühlen holen und zum Tanzen bewegen können. Smash-Hits mit Jubelgarantie, auf die der Saal erwartungsgemäß reagiert. Riesiger Applaus, den der permanente Platin-Überzug eigentlich nicht verdient hat – die zehn australischen Goldkehlchen dagegen schon.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0