„Aschgrau schillernd“: Zukunftsängste in Krisenzeiten

Nach und nach wird alles abgebaut und abgeschaltet. Weg mit der Bühnendekoration, den Videoeinspielern, den Mikros. Schließlich muss gespart werden in Zeiten klammer Kassen. Deutschland in der Krise: Darüber können die Diplomanden der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft nur lachen. Oder könnten sie, wenn sie nicht selbst betroffen wären, ihre eigene Zukunft so unsicher geworden ist, zwischen aschgrau und schillernd schwankt. Doch dann denken sie an Griechenland, wo das Geld wirklich fehlt und wo die Theater so gut besucht sind wie schon lange nicht mehr, wo Schauspieler noch gewürdigt werden. Auch wenn sie davon nicht leben können. Ist wohl eine Einstellungssache. Allerdings eine existenzialistische.

In grob zusammenhängenden fragmentarischen Passagen öffnen sich die sieben Jungschauspieler auf der Bühne der Theater-Werkstatt, sprechen von ihren Ängsten und Hoffnungen, spielen zwischen Vorsprechen, privaten Sorgen und Bühnendrill gewissermaßen ihr Leben und um ihr Leben. Rolle und Realität liegen dabei oft übereinander: Da erzählt Anna Möbus in schöner klarer Prosa von einer Bewerbungsfahrt nach Radebeul, legt Camilla-Cecile Körner ihre Beweggründe für den gewählten Beruf offen, versucht Sarah Schenke, mit ihrer Angst vor dem Risiko klarzukommen. Dazwischen Kritik am politischen System durch den extrem charismatischen Ravi Marcel Büttke, eine Rassismusdebatte, in der Selin Kavak wegen ihres türkischen Akzents aus dem Saal getragen wird, überbordende, aufgesetzte und teils leider genauso geforderte Fröhlichkeit durch die wandlungsfähige Julia Hoffstaedter und der Versuch von Simon Kannengießer, alles mit Humor zu nehmen. Insgesamt eine überzeugende, gelungene Darbietung. Lediglich die wenigen Gesangspassagen wirken schwach: wer etwa beim Schlager selbstbewusst die Strophe anstimmt, sollte auch den höheren Refrain nicht scheuen.

Über allen Szenen liegt jedoch die Krise: Die wirtschaftliche, die kulturelle, die idealistische, vom Großen aufs Kleine heruntergebrochen. „Ich möchte mit Theater die Welt verändern“, heißt es einmal. Ein frommer Wunsch. Doch wie oft dienen Inszenierungen einfach nur dem Amüsement des Publikums und der Finanzierung des Theaters, das wiederum mit etwas Glück die Alanus-Diplomanden engagiert. Einfach ein Angebot ablehnen, auch wenn das Stück nicht überzeugt – kann man sich das leisten? Oder ist es gerade wegen der Krise möglich, das zu tun? Wenn man ohnehin seinen Lebensunterhalt anders verdienen muss, so wie die Griechen, die mit dem Schauspieler so viel gemeinsam haben? Essentielle Fragen, gerade jetzt, am Ende des Studiums, auf der Jagd von einem Vorsprechen zum anderen. Diesen Konflikt haben die Absolventen souverän auf die Bühne gebracht. Und am Ende siegt der große Traum: „Es geht darum, dass der Mensch spielt, was frei aus seinem Herzen strömt.“ Hoffentlich bleiben die Sieben diesem Motto treu.

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