Carolin Kebekus: „Wir müssen fuckable bleiben“

Angekündigt wird sie wie ein Rockstar. Empfangen auch. Als Carolin Kebekus die Bühne der Bonner Oper betritt, rastet das Publikum aus, kreischt, johlt, applaudiert, feiert die 32-Jährige, die als Ghetto-Rapperin verkleidet schon mal die allgemeine Richtung für die kommenden zwei Stunden vorgibt: Kritik durch Provokation. Klare Worte statt höflicher Umschreibungen, immer wieder auch im Vulgären wildernd, so wie einst Ingo Appelt. Nur diesmal aus weiblicher Sicht.

Masturbation, Periode und Blowjobs greift Carolin Kebekus in ihrem „Pussy Terror“ ungeniert auf, Themen, über die sonst nur heimlich geredet wird, hinter vorgehaltener Hand. Warum?, fragt die Komikerin. Peinlich? Ach was. Nach ihrer Ansicht müssten Frauen darüber viel offener reden können, ohne scheel angeschaut zu werden, denn immerhin gehören diese Bereiche zum Frausein dazu. Also bereitet die Kebekus den Weg, spricht über ihre erste „Erdbeerwoche“, die Tschernobyl-Binden, die ihre Mutter ihr zu diesem Anlass überreicht, und über den Mangel an witzigen Synonymen für die weibliche Selbstbefriedigung. „Die Hölle putzen“ zählt nicht.

Es geht um nicht weniger als eine Fortsetzung der Emanzipation der Frauen. Und da scheint trotz all dem, was in den vergangenen 40 Jahren erreicht wurde, noch viel im Argen zu liegen. Teilweise allerdings selbstverschuldet. „Ich schäme mich für meine Generation“, ruft Carolin Kebekus mit Blick auf Shows wie „Der Bachelor“, „Germanys next Topmodel“ oder „Deutschland sucht den Superstar“, bei denen Geld für Sex, Erfolg für Magersucht und Aufmerksamkeit für die Bereitschaft zur Ausnutzung versprochen werden. Was die Kölnerin nicht weiter interessieren würde, wenn die so propagierten Frauenbilder nicht von vielen jungen Mädchen zum Vorbild genommen würden. „Das finde ich bedenklich“, sagt sie immer wieder. Gleiches gilt für Brustimplantate und Botox-Spritzen. „Wir müssen schließlich fuckable bleiben“, sagt Kebekus sarkastisch.

Bei all den neo-feministischen Ansätzen kommt die Männerwelt etwas kurz – es fehlt gewissermaßen der Appeltsche Ausgleich. Zumal Carolin Kebekus in ihrem Programm ohnehin ein seltsames Bild von den Herren hat, die in ihren Augen auf keinen Fall Röhrenjeans tragen und mint nicht als Farbe erkennen dürfen, beim Karneval mit billigen Anmachsprüchen betrunkene Frauen missbrauchen und sonst auf den Playboy als Sinnbild aller Titten-Magazine zurückgreifen. Das ist dann doch selbst für die durch das Programm vorgegebenen Verhältnisse zu flach.

Dabei kann Carolin Kebekus auch anders. Ernster. Mit Blick auf die durch Rainer Brüderle ausgelöste Sexismus-Debatte sagt sie nur: „Ich hab keine Lust, mich deswegen zum Opfer zu machen.“ Zu harmlos sei der Spruch gewesen – und schließlich sei ein offenherziger Ausschnitt eine bewusst aufgestellte Falle, die zwar für Brad Pitt gedacht sei, aber eben auch andere erwischen würde. Damit müsse man leben, meint Kebekus, die in ihrem kurzen Schwarzen selbst eine gute Figur macht. Ganz bewusst. Eine Provokation auf subtiler Ebene. Und ein schöner Kontrast: Schnodderschnauze im Cocktailkleid. Der funktioniert. Denn immerhin erhält Carolin Kebekus in der Bonner Oper nicht nur tosenden Applaus, sondern auch Standing Ovations. 

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