Senay Duzcu: Feine Klischeewitze und verrücktes Lach-Yoga

Sehr aufgeregt ist sie an diesem Abend: Nicht nur, weil es der erste Testlauf des ersten eigenen Solo-Programms der ersten türkischen Komikerin ist und all diese Premieren einen enormen Druck aufbauen. Nein, Senay Duzcu ist auch nervös, weil ausgerechnet das renommierte Bonner Pantheon ihr dazu die Casino-Bühne zur Verfügung stellt und ein guter Eindruck gerade hier, bei dem doch recht kritischen Bonner Publikum, viel wert ist.

Also legt sich die Mitt-Dreißigerin, die zuletzt eine etwa siebenjährige Bühnenpause gemacht hat, richtig ins Zeug, geht in ihrer Ethno-Comedy auf all die Vorurteile ein, die Deutsche und Türken von Türkinnen haben – und zeigt, nachdem sie etwas lockerer geworden ist, vielversprechende Ansätze, die manchmal an die Anfänge der damals noch unerfahrenen Carolin Kebekus erinnern.

Vor allem die Erzählungen aus Senays Familienkreis wirken amüsant, aber nicht überdreht und dadurch überzeugend: Da sind die putzwütige Mama, die mit Meister Popeye in der Hand zur Razzia bei der emanzipierten Tochter anrückt, um nicht etwa fremden Männern, sondern lediglich dem Schmutz den Kampf anzusagen; der von den Zeugen Jehovas Deutsch lernende Vater; die alles mit Fleisch würzende Tante. Köstliche, liebevoll gezeichnete Charaktere. Wenn Senay darüber spricht, wirkt sie gelöst, ist auf sicherem Terrain – und vor allem authentisch. In diesen Momenten funktioniert das Spiel mit Klischees, das an anderer Stelle noch zu aufgesetzt, zu plakativ wirkt. Immerhin: Auf die Verwendung der Kanak Sprak, der sich Comedians wie Kaya Yanar oder Bülent Ceylan gerne bedienen, verzichtet Senay glücklicherweise völlig. Stattdessen gibt es eine wunderbar eingetürkte Version von „O Tannenbaum“ – das ist viel besser.

Erschreckend, wenn nicht gar verschreckend war allerdings der Beginn der Show, als Senay im Sari, mit wild abstehenden Haaren und einem schrecklichen indischen Akzent zum albernen Lach-Yoga aufrief. Ein Animationsversuch, die völlig schief lief und schlimme Erwartungen weckte, die sich dann aber glücklicherweise doch nicht erfüllten. Viele der noch etwas unzusammenhängend wirkenden Witze haben Tiefgang, zünden teilweise sogar erst nach ein paar Sekunden, so wie Pralinen, die erst nach dem Zubeißen ihr süßes Inneres offenbaren. Und an einigen Stellen wird Senay sogar richtig bissig – ein Talent, das ruhig noch ausgebaut werden dürfte. So gehört die Lesung aus ihrem Baby-Tagebuch, in der sie die frühe Zeit in der Krippe neben ihrem sabbernden Angetrauten beschreibt, zu den besten Szenen des Abends: frech, kritisch, pointiert. Mehr davon, bitte. Da besteht noch viel Potenzial. Und dieses auszuschöpfen ist schließlich Sinn und Zweck der Vorpremieren. Im Herbst kommenden Jahres soll das Programm dann stehen, um vielleicht schon beim Kölner Comedy Festival gezeigt zu werden. Oder wieder im Pantheon. 

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