Gilles Apap: Ein paar Pfiffe für den Frühling

Manchmal ist es unübersehbar, dass Gilles Apap seine Geige liebt. Zärtlich hält er sie dann an seine Wange, liebkost sie mit seinem Bogen, tanzt mit den Fingern über die Saiten. Ein inniges Spiel, ein gefühlvolles. Und ein Genuss für das Publikum, das am Donnerstagabend ins Volksbankhaus gekommen war, um einen der laut Yehudi Menuhin wichtigsten Geiger des 21. Jahrhunderts zu hören. Gleich zu Beginn ein wunderschönes Präludium und Allegro von Fritz Kreisler, bei dem Apap sowohl seine Emotionalität als auch seine Virtuosität erfolgreich unter Beweis stellte.

Apap genießt es zu spielen, mit seiner Geige ebenso wie mit Traditionen und Erwartungen. Schon die Zusammensetzung seines Quartetts ist mit Cymbal, Akkordeon und Kontrabass ungewöhnlich, seine Arrangements ebenso. Doch nicht immer stellen seine mutigen, teils waghalsigen Interpretationen eine Verbesserung dar: So klingt Maurice Ravels „Le Tombeau de Couperin“ oftmals schräg und lässt zugleich die innere Ruhe dieser eigentlich für ein kleines Orchester geschriebenen Fassung vermissen. Auch die ersten Traditionals, die der Folk-Fan Apap anstimmt, wirken nicht ehrlich, sondern eher verkünstelt – technisch brillant, aber hinsichtlich des Ausdrucks verbesserungsfähig.

Vielleicht hat Apap aber auch einfach nur etwas Zeit benötigt, um sich auf das Bankhaus einzustellen, um sich richtig warm zu spielen. Oder vielleicht liegt es auch nur an Ravel. Denn sowohl Mozarts Adagio in E-Dur als auch Auszüge aus Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ werden dem Ruf Apaps mehr als gerecht. Innovativ, lebendig, mit einem Quentchen des Unerwarteten. So pfeifen die Musiker zur Freude des Publikums den Frühling im wahrsten Sinne des Wortes herbei, während Geigen zu Ukulelen mutieren. Und bei Mozarts Adagio sorgt ein Zupfbass für frischen Wind, während Gilles Apap mit sichtlicher Lust den Bogen fliegen lässt und scheinbar spielerisch einen Ton nach dem nächsten in den Raum entlässt. Das Publikum ist fasziniert, vergisst zunächst sogar den Applaus – weiterspielen, bitte weiterspielen.

Den Wunsch erfüllt Apap gerne – zumindest noch ein Weilchen, zwei Stunden Programm sind schon drin. Er hat ja noch genug im Repertoire, wählt je nach Lust und Laune aus, lässt auch mal Myriam Lafargue am Akkordeon allein auf der Bühne zurück, die sich dann an einem russischen Stück versucht. Auch weitere irisch klingende Stücke gibt das Quartett zum Besten, die weitaus frischer klingen als jene vor der Pause, in denen das Lebensgefühl der grünen Insel durchscheint, tanzende, atmende Klänge transportiert werden. Na also – war wohl doch der Ravel Schuld. 

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