Der Familie Popolski: Reif für Popolympia

Die Königin der Polka trägt rot. Hauteng, sexy und rot. Dorota Popolski, die heiße Cousine, bringt die Männerherzen an diesem Freitagabend im Brückenforum reihenweise aus dem Takt, während sie mit Monroe-typischen Anheiz-Bewegungen die Stimmung noch weiter nach oben treibt und stimmgewaltig ihr Geld-Medley präsentiert. Natürlich mit den Original-Versionen. Denen von Opa Pjotrek, der in einer Plattenbausiedlung in Zabrze im Alleingang nahezu alle Hits der Pop-Musik geschrieben hat und damit ein Vermögen verdient hätte – bis ihm einige zwielichtige Gestalten all die Songs stahlen und sie an irgendwelche aufstrebenden Künstler verkauften, die wiederum die großartigen Pop-Polkas „nach der Strich und nach der Faden“ verhunzten. Doch Dorota kennt die Wahrheit und hat sich dem Rest ihrer Familie angeschlossen, um das Erbe des Großvaters zu ehren und nebenbei möglichst viele Tantiemen einzustreichen. Oder noch lieber Bausparverträge und Aktienpakete.

Das Anliegen der Popolskis, die auf Einladung des Pantheons nach Bonn gekommen sind, vereint all die seltsamen Existenzen: Bandchef und Schlagzeuger Pavel, Gitarren-Freak Mirek mit seinem dreihalsigen Liebling, die blasenden und tanzenden Zwillinge Henjek und Stenjek, der unter widrigsten Umständen in amerikanischen Ghettos aufgewachsene Elvis-Sohn Elvek und selbst das Nesthäkchen, der verschüchterte Frauenschwarm Janusz, der als einziger noch nicht die Polka-Prüfung bestanden hat und damit die „trubste Tasse von der ganze Familie“ ist. Unterbrochen nur von den gewerkschaftlich vorgeschriebenen Wodka-Pausen zeigt diese Band der Welt, was eine musikalische Harke ist: Frei nach dem Motto „Get the Polka started“ zieht sie in einer Tour de Force durch Schlager, Pop und Rock, spielt „Dance with somebody“ ebenso wie Heintjes „Mama“-Lied oder DJ Ötzis „Hey Baby“. Selbst Sergei Prokofjew bleibt nicht verschont, sein „Peter und der Wolf“ ist nach Angaben der Polkaplag-Jäger auch nur ein Plagiat. Noch dazu ein schlechtes: Im Original komme noch ein „Hurz“ schreiendes Lamm vor, das Prokofjew aus irgendeinem Grund nicht übernommen habe.

Natürlich spielen die Popolskis auf der Bühne ihre Stärken aus: Neben ihrer herausragenden Musikalität vor allem ihre klischeebehafteten Charakterzüge, die in der polnischen Heimat nicht überall gut ankommen. Im Brückenforum dagegen schon. Das Publikum macht alles mit, trinkt gleich zu Beginn der Show tapfer einen Wodka mit, hakt sich zum von Mirek dirigierten Schunkeln unter, klatscht, singt und hat sichtlich Spaß an dem parodistischen Geschehen. Zumal die Popolskis nie in die Peinlichkeit abrutschen: Selbst das Lied der Schlümpfe klingt auf der hydraartigen Gitarre von Mirek köstlich, ebenso wie das bereits erwähnte „Hey Baby“. Dazu die großartigen Stimmen von Elvek, Dorota und Keyboarder Danusz – klasse. Und irgendwann kommt auch Janusz zu seinem Recht: Er darf zum sechsten Mal und unter großem Beifall des Publikums die Polka-Prüfung ablegen, scheitert zunächst – und legt dann die Maske der Zurückhaltung ab. Von wegen Polka, Hard Rock mit Rap-Einlage ist angesagt. Mit einer fulminanten Fassung von „Cherry Cherry Lady“ besteht Janusz mit fliegenden Fahnen. Jetzt ist die Band bereit für Popolympia.

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