Geschwister Pfister: Badewannen-Tango für den Spatz von Avignon

Es ist eine für Pantheon-Verhältnisse ungewöhnlich opulente Bühne: Eine Chippendale-Kneipe mit jeder Menge hochprozentiger Alkoholika hinter dem massiven Holztresen, davor stehen ein paar Barhocker. Links und rechts je eine Garderobe, die eine männlich-gediegen, die andere weiblich-verspielt, in ihnen die beiden Stars des Donnerstagabends: Peter Alexander und Mireille Mathieu.

 

Ja, der große Entertainer ist wieder auferstanden, um mit dem Spatz von Avignon noch einmal die größten Hits ihrer Zeit zu trällern. Die Geschwister Pfister (um genau zu sein zwei Drittel des Trios, Fräulein Schneider pausiert derzeit) bringen das Traumpaar des deutschen Schlagers erneut zusammen, frönen unter dem Titel „Servus Peter - Oh là là Mireille!“ mit Hilfe von zahlreichen Perücken, Smokings, Rüschenhemden und langen Roben ihrer Sangeslust und präsentieren eine augenzwinkernde Hommage an die 70er Jahre, die besser kaum sein könnte. Toni Pfister (alias Tobias Bonn) spielt Peter Alexander mit fast schon erschreckender Genauigkeit, schmettert mit Wonne das eigentlich unerträglich schmalzige "Weißen Rössl"-Medley, dessen Stücke er als ehemaliger „Leopold“ ja bestens kennt, und hat keine Hemmungen, sich im eng geschnittenen, schwarz-weiß gestreiften Einteiler beim „Badewannen-Tango“ zum Affen zu machen. Spitzbübisch und schwülstig, elegant und volkstümlich, mit übertriebener Herzlichkeit und einer fast schon unnatürlichen Freude am Kitsch: Das ist der Großmeister des Schlagers und des charmanten Schwachsinns in Person. Eine Parodie wird da fast schon unnötig. Dagegen dreht Rampensau Ursli Pfister (alias Christoph Marti) noch etwas mehr auf, lässt Mireille Mathieus ausschweifende Gesten noch ein bisschen größer, noch ein bisschen weiter erscheinen und überzeichnet die expressive Mimik der Chansoneuse bis ins Grimassenhafte – dennoch schafft er es mit seiner schnarrenden, kratzenden Stimme irgendwie, mit dem Schmelz, den Kristallklang der echten Mathieu mitzuhalten.

 

Sowohl schauspielerisch als auch musikalisch sind die Geschwister Pfister in Hochform. Vor allem Ursli schlüpft mit Genuss von einem Kostüm ins nächste, stürmt mal als Milchbubi Heintje, mal als Roy Black und immer wieder als Mireille Mathieu auf die Bühne und zeigt dabei die gesamte Bandbreite seines Gesangstalents. Toni wandelt sich dagegen nur ein einziges Mal, dann aber mit Nachdruck: Als Anneliese Rothenberger erinnert er stark an Dustin Hoffman in „Tootsie“, steht stimmlich allerdings dem großen Sopran in nichts nach. Beeindruckend – ebenso übrigens wie die phänomenale Leistung des begleitenden Jo Roloff Trios, das souverän sämtliche Rhythmus- und Tonart-Wechsel mitmacht und bei Bedarf gar als Background-Chor zur Verfügung steht. Am Ende tobt das Pantheon und spendet stehende Ovationen für einen textlich stellenweise hochnotpeinlichen, aber musikalisch charmant nostalgischen Abend, der sich selbst nicht so ganz ernst genommen hat. So wie es auch sein sollte.

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