
Da liegt er nun, der Tote, direkt vor und fast auf den Füßen des Publikums. Ein bisschen eng ist es schon, hier im ersten Stock der Theatergemeinde Bonn, in dem das Ensemble BonnRaumTheater (BRT) unter der Leitung von Johannes Prill das Stück „Mann Mann Mann“ von Florian Scheibe inszeniert. Das Eckzimmer ist nun einmal nicht als Bühne konzipiert. Aber was will man machen, wenn Aufführungsorte in der benötigten Größenordnung rar gesät und schwer zu kriegen sind? Das ist eben gerade ein großes Problem für Prill und seine Kollegen, diese theatrale Heimatlosigkeit. Umso dankbarer ist das Quartett, dass die Theatergemeinde sie noch einmal spielen lässt – ebenso wie das Publikum, dass die Männerkomödie sichtlich genießt.
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Eigentlich ist das Treffen der vier Herren in der Peripherie einer namenlosen Stadt als Probe ausgelegt, immerhin bilden sie ein Streichquartett und haben in wenigen Wochen eine Aufführung in der Waldorf-Schule ihrer Kinder. Doch ihre Instrumente nehmen die Väter an diesem Abend nicht ein einziges Mal in die Hand. Dafür gibt es zu viele Offenbarungen: Der sich von Auftrag zu Auftrag hangelnde freie Musiker Boris (Bernd Capitain) hat laut Google Hodenkrebs, der erfolgreiche Anwalt Simon (Poki Wong) wird erpresst, in der offenen Beziehung des polyamoren Filmemachers Mark (Johannes Prill) läuft nicht alles rund, und der pingelige HNO-Arzt Christoph (Martin Maria Vogel) führt ein geheimes Doppelleben. All das kommt jetzt ans Tageslicht, was zwangsläufig zu der ein oder anderen Auseinandersetzung führt. Und da Boris sich zur Absicherung seines Ablebens im Dark-Net eine Pistole besorgt hat, wird diese ganz nach Tschechows Prinzip der narrativen Notwendigkeit auch eingesetzt. Was die ganze Handlung erst so richtig in Fahrt bringt.
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Für Johannes Prill ist es alles andere als selbstverständlich, dass er mit seinem Ensemble „Mann Mann Mann“ in den Räumen der Theatergemeinde präsentieren darf. Ursprünglich war alles schließlich anders geplant: Vor einem Jahr war das BRT stolz in die Zentrifuge im Garten des Hauses der Luft- und Raumfahrt an der B9 eingezogen und wollte den runden Raum mit Leben füllen. Doch offenbar stimmte die Chemie nicht, ebenso wenig wie die Finanzen, so dass Prill letztlich die Reißleine ziehen musste. „Ich habe noch keine Ahnung, wie es mit dem Ensemble weitergeht“, gesteht dieser. „Wir bräuchten halt eine unabhängige Spielstätte, aber die ist nicht so leicht zu finden.“ Gleichzeitig wollte der 61-Jährige zumindest „Mann Mann Mann“ realisieren, handelte es sich doch immerhin um eine Uraufführung. Und zwar durchaus um eine sehenswerte. Die ständigen neuen Entwicklungen, die die vier Männer beschäftigen und sie von ihrer Probe abhalten, wuchern wie Unkraut – nur der Schluss wirkt ein bisschen zu konstruiert. Prill hofft auf jeden Fall, das Stück noch ein paar Mal an anderen Orten zeigen zu können; ein Gastspiel ist wohl bereits in trockenen Tüchern. Und dann? „Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung“, so Prill. „Im Moment hängen wir alle im luftleeren Raum. Ich für meinen Teil würde gerne mit dem BonnRaumTheater weitermachen, aber dafür müssen wir nicht nur eine Bühne finden, sondern auch intern eine neue Struktur finden. Daran arbeiten wir gerade.“
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