Jan Preuß: Wahnsinn mit vier Buchstaben

„Ihnen darf nichts peinlich sein“: Diesen Satz hasst Jan Preuß. Vor allem, weil er wahr ist. Als Erzieher kann man sich offenbar gar nicht oft genug zum Affen machen, wenn man es den Kindern, den Eltern und der Kita-Leitung recht machen will. Also wird gemalt und gebastelt, getanzt und gesungen. Aber selbst der bereitwilligste Clown kommt irgendwann an seine Grenzen. Zum Beispiel bei Liedern wie „Nackidei“. Oder „Ein Schneider fängt ne Maus.“ „Er zieht ihr ab das Fell, er zieht ihr ab das Fell…“ Ja klar. Da sind die Kinder schon traumatisiert, bevor sie auch nur einen einzigen Klassenraum von Innen gesehen haben. Und die Erzieherinnen und Erzieher? Werden entweder zynisch oder verrückt. Oder Comedian, so wie Preuß, der im restlos ausverkauften Haus der Springmaus aus dem Kita-Nähkästchen plaudert. Und so manches Elternteil nervös macht.

Werbeanzeige


QUATSCH KEINE OPER präsentiert



Nein, Spaß beiseite: Eigentlich geht es den Kindern in Deutschlands Kitas ja gut, zumindest so lange die Erzieherinnen und Erzieher noch lachen können. Was ihnen bei Preuß problemlos gelingt. Die deutliche Mehrheit seines Publikums ist im weitesten Sinne pädagogisch tätig, wie eine kleine Umfrage zu Beginn des Abends beweist, man kennt also die Situationen, von denen er erzählt: Der Horror des Spielzeugtags, die Ein- und Abgewöhnung zu Beginn eines jeden Kita-Jahres oder die Charts aus dem Wickelraum werden immer wieder mit zustimmendem Gelächter honoriert, ebenso wie das Spiel mit gewissen Stereotypen, an denen angesichts der Reaktionen aus dem Saal wohl etwas dran sein musst. Die übermotivierte neue Leiterin, die erst einmal alles auf links dreht, was bislang gut funktioniert hat, oder auch die Heilpädagogin mit einem Ruhepuls von sieben, die zwischen Behinderung und Dummheit nicht zu unterscheiden weiß, scheinen auf jeden Fall einige wiederzuerkennen. Und mit den Eltern muss Preuß gar nicht erst anfangen…

Dabei sind gerade die Erzeugerinnen und Erzeuger oft die Ursache für das Fehlverhalten ihrer Sprösslinge. Warum lässt man die auch Paw Patrol, Peppa Wutz oder Feuerwehrmann Sam gucken, also Sendungen mit Figuren, die jeden Tag aufs Neue beweisen, dass sie alle in Wohngruppen eingewiesen werden müssten? So was gab’s doch früher nicht, sagt Preuß. Stimmt natürlich, mit so was hat der 31-Jährige in seiner eigenen Kindheit keine Berührung gehabt. Damals gab es andere Fernsehsendungen. Spongebob Schwammkopf zum Beispiel. Oder die Teletubbies. Winke Winke. Insofern sind Preuß’ Kommentare nicht wirklich neu, und ob es heutzutage mehr herausfordernde Kinder gibt als früher, ist ebenfalls eine schwierige Behauptung. Unstrittig dürfte auf jeden Fall sein, dass die Erzieherinnen und Erzieher damals wie heute einen hervorragenden Job machen und dafür viel zu wenig Lob erhalten. Zumindest die Eltern müssten schließlich zu schätzen wissen, was im Kindergarten (und später in der Schule) alles geleitet wird, denn allein der Gedanke, den eigenen Nachwuchs rund um die Uhr zwischen den Füßen zu haben, dürfte in vielen Fällen einen Alptraum auslösen. Und nein, DJ Hüpfi ist für eine dauerhafte Betreuung ebenso wenig geeignet wie der Fernseher.

Rund zwei Stunden spricht Jan Preuß über den Kita-Alltag, über Lügen vor den Kleinen („Ich bin heute gut drauf“), Zoo-Besuche mit Warnwesten (die sehen alle gleich aus – egal von welcher Kita) und persönliche Rutscherfahrungen, und all das in einem Tempo, dass das Publikum mit dem Lachen kaum hinterherkommt. Manches ist sogar informativ, so dass Preuß die Erzieherinnen und Erzieher im Raum explizit dazu auffordert, sich den Abend als Fortbildung anrechnen zu lassen; eine Gruppe habe dies immerhin schon einmal geschafft. Und selbst wenn nix draus wird, war es doch wenigstens ein schöner Abend.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0