Marla Glen: Blues im Blut und Soul in der Seele

An Energie hat es Marla Glen noch nie gemangelt. Ganz im Gegenteil: Der Musiker mit der unglaublich tiefen Reibeisen-Stimme, der sich seit 2023 als trans Mann identifiziert, kann einfach nicht stillstehen. Wie auch, wenn man so tief in die Musik hineintaucht wie der 65-Jährige mit dem Blues im Blut und dem Soul in der Seele. Das Kribbeln ist einfach zu stark. Auch im Pantheon, wo Glen seit Jahren Stammgast ist, dreht sie von der ersten Sekunde an auf, wippt und tänzelt, sich am Mikrofonständer festklammernd und alles aus sich heraus lassend. Und das ist viel. Sehr viel. Schon bei „Travel“ gibt er alles, ebenso wie bei „The Cost of Freedom“, zwei seiner größten Hits. Was für ein Auftakt.

Dieses Level behält Marla Glen fast durchgehend bei. Fast. Gut, seine vernuschelten Moderationen sind kaum zu verstehen, und irgendwann sagt er selbst, dass er wohl an seinen Witzen arbeiten müsse, musikalisch bleibt Glen aber absolut klar. Dafür sorgt auch die exzellente achtköpfige Band im Hintergrund, mit drei Background-Sängerinnen und -Sängern und einer umwerfenden Saxofonistin und Flötistin. Was Catrin Groth an manchen Stellen zaubert, lässt sich nur als Genuss bezeichnen. Vor allem nach der Pause glänzt sie mit einigen ausgedehnten Soli, für die Glen und die Band ihr mit Freude den nötigen Platz einräumen. Das ist allemal besser als eine dritte Wiederholung des „German Songs“, jener Fremdschäm-Polka, die erst per Video und dann noch einmal live die zweite Konzerthälfte des Abends einläutet – zum Glück das einzige Stück, das aus dem Rahmen fällt und dem Ruf Marla Glens noch nicht einmal ansatzweise gerecht wird.

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QUATSCH KEINE OPER präsentiert



Von diesem Ausrutscher abgesehen bleibt der Sänger seinem Stil treu. Mal nähert er sich dem Gospel an – der Glaube an Gott ist für Marla Glen eine zentrale Säule seines Lebens –, dann wieder wird es funkig. Und immer groovig. Bei ihrer Biographie ist das auch kaum anders möglich, und das nicht nur, weil er daraus Kraft zu ziehen scheint. Nein, es hat auch mit frühen Begegnungen zu tun: Mit „You Can Say“ erinnert er an Nina Simone, für die er in jungen Jahren tätig war und der er viel zu verdanken hat, in einer Zeit, als er noch nicht gegen die Windmühlen der Musikindustrie ankämpfte. Und wenn er immer wieder zur Mundharmonika greift, schaut ihr der Geist von Muddy Walters über die Schulter; er hatte dem damals fünfjährigen Mädchen eine Plastikmundharmonika geschenkt.

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Gegen Ende kehrt Marla Glen wieder zu den Klassikern zurück. Zwei Stücke dürften dabei eigentlich nicht fehlen: Die legendäre Cover-Version von James Browns „It’s a Man’s Man’s Man’s World“ und die Anti-Kriegshymne „Believer“, mit der Glen 1993 der Durchbruch gelang. Eigentlich. Denn natürlich hat Marla Glen seinen eigenen Kopf und verzichtet kurzerhand auf die beiden Nummern, sehr zur Enttäuschung des Publikums, das sich aber dennoch gut unterhalten fühlt und The Glen letztlich mit herzhaftem Applaus bedenkt.


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