Kabarett-Tipps September: Herzensmensch im Jammertal

Der Herbst ist da, die Tage werden kürzer und die Abende dafür länger. Und dunkler. Schwermut ist nur einen Winterschlag entfernt, insbesondere in diesen verwirrenden, wahnsinnigen und mitunter gar grotesken Zeiten. Zum Glück gibt es ja die Kabarettistinnen und Kabarettisten, Comedians und Comediennes, die zu Beginn der Winter-Spielzeit 2025/2026 alles daran setzen, die schwere Zeit mit entsprechend launigen Programmen auf den Bonner Kleinkunst-Bühnen erträglicher zu machen. Oder auch nicht. Womit wir im Rahmen dieser Vorschau bei Stefan Waghubinger angekommen wären. 

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QUATSCH KEINE OPER präsentiert



Der österreichische Nörgler, der in den vergangenen fünfzehn Jahren etwa zwei Dutzend Jury- und Publikumspreise erhalten hat und trotzdem  - oder vielleicht gerade deswegen – seine Bühnenpersona ein ums andere Mal an den Rand des Scheiterns und oft genug darüber hinaus bringt, lässt sich nun einmal kein X für ein U vormachen, kein Minus für ein Plus und Rechts nicht für die Mitte der Gesellschaft. Allerdings hilft das nur bedingt in Zeiten, in denen die Angst vor der Zukunft die Gegenwart kaputt und die Vergangenheit wieder aufleben lässt, in der Realitätsverweigerer über das Schicksal ganzer Kontinente entscheiden und in der jeder Zauberspiegel von selbst zerspringt, weil das allemal besser als die Wahrheit ist. Da bleibt nur der Weg in die Depression, vor allem für einen Künstler, der sich gleichzeitig als liberales Feindbild und als trauriger Jedermann inszeniert und mit seinem mitternachstsschwarzen Humor in der Tradition von Josef Hader und Georg Kreisler steht. Am 14. September wird Waghubinger im Haus der Springmaus in sein persönliches Jammertal hinabsteigen – und hoffentlich auch wieder herausklettern können.

Ganz so melancholisch ist Kirsten Fuchs nicht. Dabei hätte sie allen Grund dazu: Die Poetry-Slammerin und Schriftstellerin ist immerhin in den Wechseljahren und damit eigenen Aussagen zufolge Schuld an der Erderwärmung. Super, endlich sagt’s mal jemand. Da können sich ja die ganzen Firmenbosse entspannt zurücklegen, während ein Herzensmensch blank zieht. Und so macht Fuchs weiter, sprachlich brillant, voller lapidar eingestreuter Doppeldeutigkeiten und Perspektivwechsel. Vor allem die üblichen Geschlechterthemen geht sie derweil durch, stellt sich Männer in Frauenkleidern vor, spricht vom Orgasmus und von den eigenen Teenie-Kindern, all das aber gespickt mit fein ziselierten Pointen, die sie über die Jahre auf, in und für allerlei Schreibwerkstätten und Lesebühnen verfeinert hat. Kein Wunder, dass sie in den vergangenen Jahren mehrere Literaturpreise einheimste. Sie tritt am 15. September im Pantheon auf.

 

Auch Martin Frank gesteht sicherheitshalber schon einmal seine Schuld ein. Zwar hält er sich nicht für den Klimawandel verantwortlich, wohl aber für alle potenziell verletzten Gefühle im Rahmen seines Programms. Der ausgebildete Standesbeamte aus Niederbayern nennt immerhin Gerhard Polt, Monika Gruber und Hape Kerkeling als Vorbilder, während er verzweifelt versucht, im Kampf zwischen den Generationen irgendwo Position zu beziehen. Was ihm oft genug misslingt. Wie sollte es auch anders sein? „Ich kann doch nicht mein Leben lang die gleiche Meinung haben“, sagt er mit Blick auf die sich rasant verändernde Welt. Was dazu führt, dass Frank an allem zweifelt. Und mitunter daran verzweifelt, dass alles anders bleibt und Vertrautes wegbricht. Eine schwierige Situation, aus der aber viel Unterhaltsames entstehen kann. Wie das aussieht, kann man am 19. September im Pantheon sehen.

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Wie lustig Wissenschaft sein kann, wenn sie richtig präsentiert wird, beweist der Grand Science Slam, der im Rahmen von Quatsch keine Oper erstmals in der Oper ausgetragen wird. Noch stehen allerdings nicht alle Teilnehmenden fest. Klar ist aber, dass die Bonner Physikerin Jana Heysel anhand von neuronalen Netzwerken erklären will, wie Forschung, Denken und Gesellschaft ineinandergreifen. Außerdem wird die Berliner Medizinerin und Biologin Lisa Budzinski, ihres Zeichens deutsche Science Slam Meisterin von 2021 und Moderatorin von „Terra X“, über den Zusammenhang von Darmbakterien und Esoterik berichten. Außerdem wird das Deutsche Museum Bonn den Roboterhund HusKI auf die Bühne bringen. Wer also noch etwas lernen will, ist am 28. September in der Oper genau richtig. René Steinberg ist wahrscheinlich sehr viel mehr Menschen vertraut, als diese zunächst meinen, zumindest wenn sie regelmäßige Radio-Hörer sind. Immerhin ist Steinberg für etliche WDR 2-Formate verantwortlich, darunter für „die von der Leyens“ und den „Tatort mit Till, Herbert und Udo“. Auch der „Schrägstrich“ bei WDR 5 ist sein Terrain. Am 31. September wird er nun im Haus der Springmaus mit seinem neuen Programm


„Radikale Sparmaßnahmen“ auftreten und das tun, was er am besten kann: Mit gesprochener Sprache spielen, auf das Publikum reagieren und so manchen Prominenten karikieren. Tiefsinnige Analysen sind von ihm nicht zu erwarten, doch wer sich nach einem rasanten, abwechslungsreichen Abend sehnt, dürfte bei Steinberg jede Menge Spaß haben.

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