
Irgendwann wird es dann doch gespielt, das letzte Lied. Selbst Kasalla können das nicht verhindern, obwohl die kölsche Kultband genau dazu eine passende Nummer im Repertoire hat und sich zudem bei ihrem Auftritt auf dem Bonner KunstRasen sichtlich wohl fühlt. Vor rund 6000 Besucherinnen und Besuchern geben die Jungs um Frontmann Bastian Campmann zweieinhalb Stunden lang alles und hätten trotzdem Lust auf mehr. Doch keiner will ein weiteres Strafgeld in Höhe von 20.000 Euro riskieren, so wie es die Veranstalter nach dem Konzert von Lynyrd Skynyrd zahlen mussten, weil die Südstaaten-Rocker gerade einmal acht Minuten zu lang gespielt haben. Und außerdem soll man ja bekanntlich Schluss machen, wenn es am schönsten ist. Was sowohl für Kasalla-Konzert als auch für die Open-Air-Saison in der Gronau gilt, die größer, abwechslungsreicher und beeindruckender war als jemals zuvor.
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Der Auftritt von Kasalla ist dabei kein bisschen weniger spektakulär als jene der internationalen Top-Stars, die in diesem Jahr nach Bonn gekommen sind. Die Kölner, die mit „Kumm mer lääve“ als erstem Lied gleich das Motto für diesen Abend gesetzt haben, lassen sich aber auch nicht lumpen: Eine Bläser-Sektion, Streicher und bei „Typ em Speejel“ sogar ein ganzer Chor verstärken das Quintett und sorgen für einen vielschichtigen, prachtvollen Klang. Und wenn das mal nicht reicht, gibt es immer noch das Publikum, das von der ersten Sekunde an eingebunden wird und sich zumindest bei den Klassikern wie „Alle Jläser huh“ oder „Dausend Levve“ als ebenso stimmgewaltig wie textsicher erweist. Nur die Songs vom letzten veröffentlichten Album „Rudeldiere“ könnten noch etwas bekannter sein, zumal im kommenden Jahr – pünktlich zum 15-jährigen Bestehen – eine neue Platte erscheinen soll; mit dem rockigen „Wenn et noch nit jot is“ geben Kasalla schon mal einen ersten Eindruck. Sänger Campmann lässt auf jeden Fall nichts unversucht, um die Menge zum Mitmachen zu bewegen und mischt sich bei „Leechterloh“ sogar unters Volk, um zu singen, während sich die Fans um ihn herum im Kreis drehen. Ein Auftritt unter erschwerten Bedingungen, der hervorragend ankommt.
Obwohl Kasalla in erster Linie für gute Stimmung sorgen wollen, können sie auch andere, leisere Töne anschlagen. Herrlich, wie die Fünf bei „Immer noch do“ ihre A-capella-Qualitäten unter Beweis stellen oder wie sie bei „Mer sin eins“ den Zusammenhalt beschwören. Der unbestreitbar berührendste Moment des Abends ist jedoch zweifelsfrei das elegische „Ne Jode“, mit dem die Band ihrem Tontechniker Tom gedenkt, der Anfang Mai bei einem Motorradunfall auf der A3 ums Leben kam. Dieses Lied lässt niemanden kalt, erst recht nicht auf der Bühne – Bastian Campmann kämpft sichtbar mit den Tränen, während er den Freund besingt, und auch die anderen Musiker tun sich schwer damit, den Schmerz des Verlusts zu bändigen. Den Fans zuliebe gehen sie dann aber doch wieder auf Partykurs, steuern mit „Pirate“ auf den Höhepunkt zu und ziehen mit Pyro, Konfetti und farbigem Rauch alle Register, die vom Lärmpegel her akzeptiert werden. Auch dazu nehmen Kasalla Stellung, und zwar mit einer Aussage, die wahrscheinlich die überwiegende Mehrheit der Bonnerinnen und Bonner unterschreiben würde: „Dieser Rasen ist Kunst und darf niemals weg.“
Zumindest für dieses Jahr ist aber trotzdem Schluss. Mehr als 100.000 Fans aller Couleur haben in diesem Jahr die insgesamt 22 Open-Air-Konzerte am Fuße des Post-Towers besucht, und das trotz der kurzfristigen Absage von Massive Attack am 7. Juli. Doch schon jetzt steht der erste Künstler für 2026 fest: Der Popsänger Wincent Weiss wird zum wiederholten Mal beim KunstRasen spielen. Und Kasalla? Sind bereits am 6. September diesen Jahres erneut in der Rheinaue zu hören. Sie treten zusammen mit Brings, Cat Ballou und vielen anderen Karnevalsbands bei „Jeck im Sunnesching“ auf. Für die Veranstaltung gibt es auch noch Karten.
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