
Prägnant, eingängig und überaus unterhaltsam: Das Konzert des Pianisten Chilly Gonzales, das im Rahmen des Telekom-Geburtstags auf dem Dach der Bundeskunsthalle stattfand, wurde allen Erwartungen mehr als gerecht. Vor rund 700 Besucherinnen und Besuchern spielte der Kanadier und Wahl-Kölner mit ebenso viel Witz wie Virtuosität, anfangs verträumt und an klassischen Bar-Jazz erinnernd, später dann immer stärker groovend, während er von seinem Verhältnis zu anderen Musikern erzählte. Etwa vom Rapper Drake, der ihm einst ein Lied geklaut haben soll. Oder vom französischen Elektro-Duo Daft Punk, das ihn geradezu hofiert hat. Und dann wäre da noch Richard Wagner, aufgrund seines ausgeprägten Antisemitismus gewissermaßen Chillys musikalischer Erzfeind, dem dieser mit einem wuchtig wütenden Pauken-Manifest den Stinkefinger zeigte. "Ich sage nicht 'cancel Wagner'", betont er. "Aber ich sage ganz offen 'fuck Wagner'." Was beim Publikum hervorragend ankam.
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Dabei präsentierte sich Gonzales als sonst sehr harmonieliebender Mensch und als Diener der Götter der Musik, der daran glaubt, "dass Kunst in jeder Form selbst die dunkelsten Emotionen in etwas Wunderschönes verwandeln kann" (was er mit "The Grudge" zu verdeutlichen versucht). Ja, mit Sprache kann Chilly ebenso zaubern wie mit seiner Musik, die er gerne minimalistisch hält, bevor sie irgendwann explodiert – vorzugsweise dann, wenn Schlagzeuger Joe Flory hinzukommt (Chilly liebt diese Instrumentenbezeichnung, sie sei ebenso zutreffend wie schlagfertig) und die hypnotischen Melodien auf einmal durch den Groove transformiert werden. Klasse. Ähnliches versuchte im Vorfeld übrigens auch die Electro-Pop-Liedermacherin Anaïs, die als musikalisches It-Girl in erster Linie ihr Privatleben vertont und ihre Stücke in den meisten Fällen als Fragment belässt, ohne prägnanten Schluss. Hat nicht so ganz funktioniert.
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