AC/DC: Puristisches Hardrock-Feuerwerk

Sie können es noch! Rund zweieinhalb Stunden lang haben AC/DC am vergangenen Dienstagabend im Düsseldorfer Merkur-Stadion einen Hit nach dem nächsten gespielt und den Fokus dabei ganz auf Angus Young und Brian Johnson gesetzt. Die beiden Veteranen bestreiten die Show gewissermaßen im Alleingang und beweisen dadurch, dass man auch mit beziehungsweise jenseits der 70 noch nicht zwingend im Rentenalter sein muss. Genüsslich fahren sie mit Feuer und Blitz in Richtung Sin City, lassen es dort ordentlich krachen und elektrisieren ihre Fans mit rohem, hartem Rock ’n‘ Roll vom Feinsten. Und das, obwohl die Show von AC/DC sehr minimalistisch ausgefallen ist und der Sound zumindest an einigen Stellen den Gesang Johnsons im Orkus verschwinden ließ.

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QUATSCH KEINE OPER präsentiert



Abgesehen von den großen Bildschirmen ist die Bühne des offiziell ausverkauften Stadions überraschend leer. Die Zeiten, in denen die Band eine gusseiserne Lokomotive unter der Hallendecke entlangfahren lässt, sind offenbar passé, ebenso wie der Einsatz von Pyrotechnik, Nebel und anderer Effekte. Karg, könnte man dieses Bild bezeichnen, oder etwas positiver puristisch. Da hilft es auch nicht, dass sich Rhythmusgitarrist Stevie Young und Bassist Chris Chaney während der ganzen Zeit nicht einen Millimeter bewegen und auch von den in der Arena verstreuten Video-Kameras so gut wie nicht gezeigt werden. Andererseits lenkt so zumindest nichts den Blick von Johnson und Young ab, die an diesem Abend Kilometergeld kriegen müssten und alles geben: Ersterer schreit sich förmlich die Seele aus dem Leib, letzterer jagt über die Saiten, als wäre es die einfachste Aufgabe der Welt. Die Bühne wirkt wie ein Jungbrunnen, lässt den 77 Jahre alten Brian Johnson problemlos eine Dekade jünger wirken, auch wenn seine Stimme nicht mehr ganz so geschmeidig ist. Und Young? Erscheint mitunter den umgekehrten Effekt zu spüren, bis er wieder zu solieren und zu brillieren beginnt und die Jahre zumindest kurzfristig wie Schuppen von den Augen von ihm abfallen. Technische Finesse und ungezügelte Leidenschaft verbinden sich zu einem Lebenselixier höchster Güte – doch selbst dieses vermag nicht diverse lichtlose Pausen zu verhindern, die insbesondere in der zweiten Konzerthälfte zunehmen und stets für einen kleinen, aber dennoch merklichen Spannungsabfall sorgen. Sobald Young aber wieder zu spielen beginnt und Johnson die nächsten Zeilen in Richtung Menge schmettert, ist all das wieder egal. 

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Frust gab es dafür im Vorfeld des Konzerts. Ursprünglich war dies mal für den neuen Open-Air-Park geplant gewesen, doch nach Protesten von Umweltaktivisten gegen eine angedachte Fällung von 56 Bäumen auf dem Gelände entschied sich der Veranstalter zum Umzug ins Stadion. Dass man dafür sein Ticket umtauschen musste, ist bei vielen Besucherinnen und Besuchern offenbar nicht angekommen – hinzu kam, dass nicht alle Anbieter dies problemlos ermöglichten, so dass manche Fans gezwungen waren, neue Karten zu kaufen. Dadurch verpasste der ein oder andere den Auftritt der Vorband The Pretty Reckless um Schauspielerin Taylor Momsen, was allerdings kein großer Verlust war angesichts von Stücken ohne echten Abschluss und einer Präsentation, die mitunter eher bemüht als gekonnt schien.

Im Gegensatz dazu können AC/DC auf so viele Hits zurückgreifen, dass das Publikum mit dem Mitsingen kaum noch hinterherkommt. Von „Back in Black“ über „Thunderstruck“, „Hells Bells“ und „Highway to Hell“ bis hin zu „Dirty Deeds“ und „You Shook Me All Night Long“ kommt ein Knaller nach dem nächsten, ikonische Songs für das gesamte Rock-Universum und Meilensteine der Musikgeschichte. Johnson gibt alles, klar, ebenso wie Angus Young, der ein ums andere Mal langsam nach vorne schreitet und spielt wie ein junger Gott. Bis er schließlich bei „Let There Be Rock“ landet und zeigt, dass alles andere für ihn nur Vorspiel war. Rund 15 Minuten lang holt er alles aus seinem Instrument heraus, lässt sich auf einem Podest in luftige Höhe tragen, wirft sich auf den Boden, kämpft und umgarnt seine Gitarre und setzt so – vor „TNT“ und „For Those About to Rock“ als Zugaben – einen explosiven Schlusspunkt. So können AC/DC abtreten. Wenn sie denn wollen.

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