
Erdig, rau, urtümlich: Mit diesen Attributen lässt sich der Blues häufig gut beschreiben. Dass er aber auch elegant sein kann, stellt niemand geringere als Bonnie Raitt eindrucksvoll unter Beweis. Die 75-jährige Grande Dame des Zwölftakters hat für ihr Konzert auf dem KunstRasen eine bemerkenswerte Setliste zusammengestellt, mit Liedern von Vorbildern und Freunden, von John Hiatt, John Prine oder auch von Sippie Wallace, der Nachtigall von Texas – und zugegeben, mitunter klingt ihre Stimme dann doch etwas kehlig, mit einer Spur von Rauch und Whiskey. Meistens bleibt sie aber vergleichsweise klar, erinnert an die von Raitt ebenfalls geschätzte Country-Musik, an Americana und an die großen Folk-Sängerinnen, die sie als Teenagerin besonders beeinflusst haben. Ihr Blues ist nicht dreckig, sondern luftig, allerdings dadurch nicht weniger eindringlich. Zusammen mit ihrem virtuosen Bottleneck-Spiel entsteht so ein ganz besonderer Sound, der gefühlvoll ist und ehrlich, kraftvoll wenn nötig und zurückhaltend wenn möglich.
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Angesichts dieser Darbietung ist es bedauerlich, dass gerade einmal 1600 Besucherinnen und Besucher zum, Konzert gekommen sind, zumal Bonnie Raitt nicht nur was zu singen, sondern auch was zu sagen hat und mehrfach ihre Stimme erhebt, um sich für Frieden und Freiheit auszusprechen und düsteren Zeiten entgegenzutreten – wohlweislich ohne irgendeinen Präsidenten beim Namen zu nennen. Diese klare Kante hätten ruhig mehr Menschen unterstützen können, von der fantastischen Musik ganz zu schweigen. Andererseits ist Raitt, die übrigens für ihr Konzert nur drei Fotografen zugelassen hat, zumindest in Deutschland bis heute eher eine Musikerin für Blues-Liebhaber, trotz mehr als einem Dutzend Grammys und zahlreicher weiterer Ehrungen (unter anderem hat das Rolling-Stone-Magazin sie auf Platz 50 der 100 größten Sängerinnen und Sänger aller Zeiten gelistet). Ein Fehler: Insbesondere ihre akustischen Nummern sind brillant, „Women be Wise“ zum Beispiel oder auch das ein dringliche „I Can’t Make You Love Me“. Ihre souveräne Band um den langjährigen Weggefährten und Bassisten James „Hutch“ Hutchinson hält ihr dafür den Rücken frei, ohne sich in den Vordergrund zu spielen, verleihen mal einem Gospel einen herrlichen Drive, werden mit Gast-Star Jon Cleary ein bisschen funky und unterfüttern natürlich immer wieder den Blues mit teils dezentem und teils rockigem Beat.
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Im Vorfeld hatten schon Hendrik Freischlader sowie die Warren Haynes Band für Stimmung gesorgt. Haynes, langjähriger Gitarrist der Allman Brothers und Gründungsmitglied von Gov’t Mule, ließ sich dabei ein bisschen Zeit, um auf Touren zu kommen. Vor allem die ersten Stücke erschienen sehr entspannt und brav, doch spätestens nach dem herausragenden Solo von „These Changes“ hatten sich Haynes und Co warm gespielt und ließen die Blues-Herzen höher schlagen. Nicht ohne Grund ist zumindest ein Teil des Publikums explizit wegen des 65-Jährigen auf den KunstRasen gekommen, der unter anderem mit dem Allman-Brothers-Klassiker „Dreams“ und dem funkigen „Invisible“ zeigt, was ein Meister aus zwölf Takten herauszuholen vermag. So ist es nur folgerichtig, dass Haynes bei der letzten Zugabe des Abends, B.B. Kings „Never Make Your Move Too Soon“, noch einmal auf die Bühne kommt und zusammen mit Bonnie Raitt das Publikum in die Nacht entlässt.
KunstRasen 2025
5.7.: Massive Attack
8.7.: Cypress Hill
9.7.: Tream
10.7.: Dream Theater
11.7.: Fury in the Slaughterhouse
19.7.: Deichkind
23.7.: Samu Haber
25.7.: Maite Kelly
27.7.: The Dead South
3.8.: Johannes Oerding
5.8.: The Smashing Pumpkins
6.8.: Air
13.8.: Queens of the Stone Age
14.8.: Jan Delay
16.8.: Bap (ausverkauft)
19.8.: Fontaines D.C.
23.8.: Kasalla
Weitere Informationen und Tickets unter www.kunstrasen-bonn.de.
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