Frank Oppermann: So entsteht Theater

Ein Intendant hat es nicht leicht. Erst recht nicht als Leiter eines freien Hauses. Auf der einen Seite steht der Wunsch nach ernsthaftem und tiefgründigem Theater, auf der anderen der des zahlenden Publikums, auf dessen Wohlwollen man schlichtweg angewiesen ist. Beides in Einklang zu bringen, das ist die große Kunst. Diesen Balanceakt muss Frank Oppermann jedes Jahr aufs Neue wagen, und jedes Jahr ist es eine große Herausforderung für den Chef des Kleinen Theaters. Auf der Außenbühne unter der Zeder hat er nun auf Einladung der Freunde und Förderer des Kleinen Theaters Bad Godesberg ein bisschen aus dem Nähkästchen geplaudert und enthüllt, was alles geschehen muss, damit ein Stück überhaupt inszeniert werden kann.

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QUATSCH KEINE OPER präsentiert



Schon die Auswahl des potenziellen Repertoires ist kein Automatismus. Zwar seien die Zeiten vorbei, als das Kleine Theater – zu Recht oder zu Unrecht – vor allem als Boulevardtheater wahrgenommen wurde, doch sei das Interesse an Komödien vor allem in jüngster Zeit durchaus gewachsen, wie Oppermann zugibt. „Gleichzeitig suche ich nach Stücken, mit denen ich das Publikum fordern kann“, sagt er. So wie mit der Kempowski-Saga, diesem monumentalen Vierteiler über den Niedergang des deutschen Bürgertums, oder im März kommenden Jahres mit dem Monolog „Schwester von“ der niederländischen Dramatikerin Lot Vekemans. Rund 50 Texte liest Oppermann in der Sommerpause, und für die interessantesten fragt er bei den verschiedenen Verlagen bezüglich der Aufführungsrechte an. „In der Regel zahlen wir einen bestimmten Anteil der Abendeinnahmen, aber es gibt auch Verlage, die einen Festpreis verlangen, zum Beispiel 320 Euro pro Abend. Das können wir uns als kleines Haus einfach nicht leisten.“ Genau das kann aber auch anderweitig ein Hindernis sein. „Vor allem von englischen Verlagen kommt oft, dass wir nicht groß genug seien“, sagt Oppermann. „Ich führe dann immer an, dass bei uns immerhin drei Stücke von Tennessee Williams zur Uraufführung gekommen sind. Das hilft mitunter.“

Hat Oppermann dann zehn Stücke zusammen, wird gepuzzelt: Was passt in welche Jahreszeit, welche Proben lassen sich durch welche Inszenierungen gegenfinanzieren, und wie kriegt man die Probenpläne mit den Verfügbarkeiten der verschiedenen angefragten Schauspielerinnen und Schauspieler in Einklang? Auch hier spielt das Budget eine entscheidende Rolle. Jede große Produktion ist ein finanzielles Risiko, Monologe sind da deutlich günstiger – doch die werden vom Publikum oft nicht so nachgefragt. Dazu kommen Bühnenbild, Kostüme, Musik. Nicht ohne Grund übernimmt Oppermann vieles selbst, inszeniert in der Regel drei Stücke pro Spielzeit und spielt einmal selbst. Das spart Kosten. „Gerade bei Bühnenelementen, Kostümen und Requisiten versuchen wir, möglichst nachhaltig zu sein und Dinge wiederzuverwerten“, erklärt er. Im besten Fall, ohne dass das Publikum etwas davon merkt.

Ziemlich genau vier Wochen vor der Premiere beginnen schließlich die Proben. Mehr Zeit ist nicht drin, weder finanziell noch logistisch. Den Text sollten die Schauspielerinnen und Schauspieler zu diesem Zeitpunkt eigentlich beherrschen; jetzt geht es ans Eingemachte. Charakterarbeit. Gestik, Mimik, Interaktion. Wer steht wann wo, und warum? „Diese Phase ist unglaublich wichtig“, sagt Ensemble-Mitglied Anna Möbus, die bis vergangenen Sonntag noch in „Private Lives“ im Kleinen Theater zu sehen war. „Erst wenn man den Text mit körperlichen Handlungen verknüpft, festigt sich dieser.“ Viele andere Baustellen lösen sich dann von selbst in Logikwölkchen auf, und wenn nicht, lohnt es sich wenigstens, sie zu thematisieren. 

Die Werbemaschinerie sollte zu diesem Zeitpunkt übrigens schon längst laufen. Die wichtigsten Termine sind für Frank Oppermann die Vorstellung der Spielzeit bei der Theatergemeinde Bonn und im besten Fall bei den so genannten Regionalkonferenzen um Umkreis. „Dort geht es dann darum, das Programm insbesondere jenen schmackhaft zu machen, die Theaterfahrten organisieren“, erklärt Oppermann. Bei Komödien kein Problem. Und die anderen Stücke? Die sind oft ein Wagnis. Aber, so betont es Oppermann, ein Wagnis, das sich lohnt. Hoffentlich.

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