„La Cage aux Folles“: Queere Glanzstunde

Im „La Cage aux Folles“ sind alle ein bisschen anders. Ein bisschen verrückt, ein bisschen schräg, ein bisschen schrill. Und einfach fabelhaft. Der legendäre Nachtclub, in dem das gleichnamige Broadway-Musical von Jerry Herman und Harvey Fierstein spielt, ist berühmt und berüchtigt für seine Travestie-Shows, für Glamour und Glitter, für opulente Kostüme und unbändige Lebensfreude. Hier darf jeder sein, wie er sein möchte. Nun hat das Kleine Theater dieses Etablissement in die hauseigene Bühne integriert, was angesichts beschränkter Dimensionen zwangsläufig einige Abstriche zur Folge hatte. Doch das Herz von „La Cage aux Folles“, das schlägt im Rheinland ebenso stark wie an der Riviera, dank eines fabelhaften Ensembles – und dank Theaterleiter Frank Oppermann, der in der Rolle des Albin schlichtweg überragend ist.

Albin ist natürlich Dreh- und Angelpunkt der gesamten Geschichte. Er ist der Lebensgefährte von Club-Besitzer Georges (Dirk Wittun) und zugleich als Zaza der Star im „Käfig voller Narren“. Sein exzentrisches Auftreten wird allerdings zum Problem, als sich Jean-Michel (Sebastian Schlemmer), den Georges in einer alkoholschwangeren Nacht vor über 30 Jahren gezeugt hat, in Anne (Lorena Krüger) verliebt. Diese ist nämlich die Tochter eines erzkonservativen, homophoben Politikers Dindon (Josef Tratnik), der sich auf einem Kreuzzug gegen das ausschweifende Leben im „La Cage aux Folles“ befindet. Nun soll Jean-Michel ihm und seiner Frau (Heike Schmidt) die eigenen Eltern vorstellen – was trotz aller Bemühungen zwangsläufig in einer Katastrophe mündet.

Es ist bemerkenswert, was Regisseur Bernard Niemeyer trotz der räumlichen und technischen Situation im Kleinen Theater auf die Beine gestellt hat. Der zunächst vermeintlich kahle, lediglich mit funkelndem Glitzerstaub bedeckte Bühnenraum erweist sich dank einiger geheimer Türen als wandlungsfähiger als zunächst gedacht, was angesichts der turbulenten Handlung völlig ausreicht. Selten sind weniger als drei Gestalten zu sehen, die das Auge ablenken, meistens sind es mehr. Und wenn Frank Oppermann die große Diva mimt, ob sie nun Zaza oder Albin heißt, sind eh alle Blicke auf ihn gerichtet. Ihm gelingt es, seine Rolle perfekt auszublancieren – exzentrisch genug für einen das Rampenlicht brauchenden Transvestiten, aber gleichzeitig nicht so überdreht, dass dieses Spiel mit den Geschlechtern zur Farce gerät. Mehr noch: Sein Albin ist eben auch ein liebevoller Mutterersatz und ein überaus verletzliches Wesen, das im Vorfeld der Begegnung mit Annes Eltern einige bittere Pillen schlucken muss und trotzdem stark bleibt. Dieses nuancierte Spiel allein ist schon einen Besuch von „La Cage aux Folles“ wert. Dabei müssen sich auch die anderen Darsteller keineswegs verstecken. Hervorzuheben sind Dirk Wittun als facettenreicher Georges, Josef Tratnik als grummeliger Schwulenhasser und Anthony Curtis Kirby als „die schärfste Zofe der Riviera“ (und das so herrlich überzeichnet, dass Oppermanns Albin automatisch weniger schrill wirkt).

Natürlich kommt „La Cage aux Folles“ nicht ohne schmissige Musik aus. Zwar steht dem Kleinen Theater kein ausgewachsenes Orchester zur Verfügung, doch dank der schwungvollen Bearbeitung von Theo Palm reicht tatsächlich ein Quintett aus, um Hymnen wie „Ich bin, was ich bin“ mit dem nötigen Verve zu präsentieren. Dieser kommt schön schmissig daher – der Höhepunkt ist allerdings „Die schönste Zeit ist heut“, die der als bürgerliche Mutter verkleidete Albin zunächst ganz bewusst schief singt, bevor seine ausgebildete Stimme voller Inbrunst das Leben feiert und damit sogar den steifen Dindon zu Tränen rührt. Kein Wunder, dass das gesamte Ensemble am Ende mit stehenden Ovationen und frenetischem Applaus bedacht werden. Bleibt nur zu hoffen, dass die Produktion nun auch vom Rest der Bürgerschaft angenommen wird. Gelegenheiten dafür gibt es auf jeden Fall genug: „La Cage aux Folles“ steht noch bis Ende Januar auf dem Programm.

Termine

22. Dezember, 15.30 Uhr / 23. Dezember, 19.30 Uhr  / 27. bis 31. Dezember, jeweils um 19.30 Uhr sowie zusätzlich 31. Dezember, 15.30 Uhr / 3. bis 4. Januar, jeweils um 19.30 Uhr / 5. Januar, 15.30 Uhr / 7. bis 12. Januar, 14. bis 19. Januar, 21. bis 29. Januar, jeweils um 19.30 Uhr. Tickets erhalten Sie bei allen
bekannten Vorverkaufsstellen.

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