Onkel Fisch: Gipfeltreffen der Optimismus-Spediteure

Eigentlich könnte man an der Welt verzweifeln. Alles erodiert, zerfällt, geht den Bach runter. In den USA wird ein verurteilter Straftäter Präsident, im Nahen Osten herrscht Krieg und in der Bundesrepublik löst sich die Ampel auf. Vom Klimawandel, der Umbruchsituation durch die KI, dem Erstarken der Rechtsradikalen und dem Plastikmüll in den Meeren ganz zu schweigen. Insofern wäre ein kleines Fünkchen Hoffnung ganz nett – und genau den wollen Onkel Fisch unters Volk bringen. Die beiden Action-Satiriker, die 2024 ihr 30. Jubiläum feiern, gehen mit ihrem neuen Programm „Hoffnung – ein Serviervorschlag“ so manch negativer Haltung auf den Grund und bieten eine Alternative für Deutschland an, die auf Polemik und Anfeindungen verzichtet und stattdessen auf Menschlichkeit setzt. Es geht eben auch anders. Man muss nur wollen.

Im Haus der Springmaus sind Adrian Engels und Markus Riedinger Stammgäste: Mindestens zweimal pro Jahr schauen sie in Endenich vorbei und rechnen auf ihre ganz eigene Weise mit Gott und der Welt ab, oft überdreht, manchmal gnadenlos und immer bestens informiert. Diesmal sind sie allerdings geradezu versöhnlich eingestellt, gehen in die Tiefe und verzichten auf allzu viel Blödsinn. Dem Programm tut dies gut, dem Publikum auch. Welcher Kabarettist versucht denn sonst, AfD-Wähler nicht per se zu verdammen, sondern sie vielmehr zu verstehen, indem er deren Vorurteile untersucht und nach Möglichkeit mit harten Fakten relativiert? „Ganz sicher sind nicht alle AfD-Wähler Nazis“, sagen Onkel Fisch denn auch, viele hätten einfach nur – begründet oder nicht – Existenzängste. Dagegen könnte man ja etwas tun. „Aber warum machen sie es uns unnötig schwer, indem sie Nazi-Parolen grölen?“

Doch etwas ändern, das fällt den Menschen nun einmal schwer. Erstens war etwas schon immer so, zweitens weiß keiner, ob es anders besser wird, und drittens machen die anderen ja auch nichts. Also bleibt alles, wie es war, auch wenn es Optionen gibt. Stichwort Finanzen. Da könnte man ja parallel zum Mindest- auch einen Maximallohn einführen, oder eine Vermögenssteuer wie in anderen europäischen Ländern, mit der jährlich Milliarden in die Staatskasse fließen würden. Auf einmal wäre genug Geld vorhanden, um die Bundeswehr zu sanieren, den Haushalt auszugleichen und die Kultur zu fördern – für letzteres hätten Onkel Fisch schon ein paar Vorschläge. Es könnte so einfach sein.

 

Doch wenn es nach Lobbyisten und Klientel-Politikern geht, weicht man vom Status Quo nicht ab. Nur hat niemand die Rechnung mit Scholz gemacht, der mitten im schönsten Kabarett-Programm kurzerhand Finanzminister Christian Lindner entlässt. Diese Entscheidung, von der Engels und Riedinger in der Pause erfahren, wird natürlich prompt in ein Lied eingebaut, das eigentlich ein anderes Thema behandeln sollte – aber eine Gelegenheit wie diese lässt man sich als Satiriker natürlich nicht entgehen. Also suchen Onkel Fisch eben trällernd nach dem größten Fehler der Geschichte, fangen bei der Ampel an und hören beim Urknall auf. Werden sie fündig? Nein, und zwar weder in der Vergangenheit noch in der Zukunft. Bringt auch nichts, sagen Onkel Fisch. Zugegeben, von einer Utopie sind wir meilenweit entfernt - aber dystopisch müssen wir deswegen auch nicht sein. Sondern eher optimistisch. Das hilft.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0