Möglichst bunt, so hat es Mika am liebsten. Der libanesisch-britische Sänger mit einem Faible für ständig wechselnde, oft farbenfrohe und mitunter glitzernde Kostüme liebt das Spiel mit der Selbstinszenierung, das mit seinen poppig-perlenden Songs einhergeht und ihn in den vergangenen 17 Jahren vor allem in Frankreich und Italien überaus populär gemacht hat. Kein Wunder, war er dort schließlich über Jahre hinweg als Juror für diverse Casting-Formate tätig, moderierte eine eigene Unterhaltungsshow und 2022 auch den Eurovision Song Contest in Turin. In Deutschland hat Mika hingegen nie so richtig Fuß fassen können. Zu seinem Konzert in Bonn waren auf jeden Fall nur knapp 2000 Fans zum KunstRasen gekommen, um mit dem 41-Jährigen im Rahmen der „Club Apocalypso Summer Nights“-Tour ein paar schöne Stunden zu verbringen. Und die konnte man auch bekommen. Sofern man beim musikalischen Anspruch ein paar Abstriche machte.
Egal wie man zu Mikas Musik steht: Seine Qualitäten als Entertainer lassen sich nicht leugnen. Er strahlt nur so voll Energie, kann kaum stillstehen, springt und hüpft und wirbelt über die Bühne und infiziert das Publikum derart mühelos mit seiner guten Laune, als wäre er ein Glücksbärchi auf Speed, das gerade den Regenbogen herunterrutscht. Oder Tigger, der aufgekratzte Freund von Pu dem Bären. Obwohl er dafür nach eigener Aussage noch ein weiteres Kölsch brauchen würde (das erste hat ihm eine Frau aus dem Publikum spendiert; und ja, Mika hat explizit über die Tiere aus dem Hundertmorgenwald gesprochen, und zwar nicht nur en passant). Ist aber auch egal. Der Vergleich passt auf jeden Fall, zumal Mika selbst so herrlich unbedarft daherkommt, so verspielt und dabei so charismatisch, dass man ihn gerne in seine bonbonbunten Pop-Welt folgt, in der Liebe und Lollipop zu den wichtigsten Wörtern zählen.
Das Publikum nimmt das Angebot auf jeden Fall gerne an. Dabei spielt es keine Rolle, dass die Background-Sängerinnen aus der Konserve etwa bei „Elle me dit“ mitunter viel zu laut eingespielt werden, dass die Songstrukturen überschaubar sind oder dass Mika längst nicht mehr so mühelos die hohen Töne trifft wie früher. Sein Falsett klingt teilweise richtig gequält, die Kopfstimme nasal, was umso bedauerlicher ist, weil Mika über einen extrem angenehmen, warmen Bariton verfügt, dem er ruhig öfter vertrauen sollte. Doch vielleicht will er nicht so erwachsen klingen, sondern stattdessen in Nimmerland bleiben, um „Billy Brown“ zu singen oder das ABC-Lied, das er am Klavier sitzend seinem Hit „Grace Kelly“ voranstellt. Würden nicht einige seiner Gute-Laune-Pop-Songs darunter leiden, könnte man ihm nichts besseres wünschen. Denn, und auch das gehört zu dem Phänomen Mika: Er wirkt authentisch, nicht gekünstelt, wie er so über die Bühne (oder bei „Big Girl“ durch die Menge) tanzt und einfach Spaß an dem hat, was er tut. Und wenn er dann über die Liebe redet, wenn er ganz ruhig wird und die 2000 Fans (viele davon erleben ihn an diesem Abend zum ersten Mal) an seinen Lippen hängen, wenn seine Ausstrahlung mühelos bis in die hintersten Winkel des KunstRasens reicht, dann kann man Mika nur bewundern. Über seine Musik mag man geteilter Meinung sein. Doch seine Seele, die glänzt. Und das ist das Wichtigste.
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