Swing hilft. Bei Weihnachts-Blues oder Weihnachts-Stress gibt es eigentlich nichts Besseres. So zumindest dürfte es Tom Gaebel sehen, der jetzt mit seinem Orchester und jeder Menge neu arrangierter Klassiker zu Gast bei „Quatsch keine Oper“ war und damit in Bonn gut 1000 Besucherinnen und Besucher seines Konzerts sehr glücklich machte. Von „Stille Nacht“ bis hin zu „Last Christmas“, von „O Tannenbaum“ bis zur hawaiianisch angehauchten Bing-Crosby-Nummer „Mele Kalikimaka“ erstreckt sich das Repertoire der Band, die nur zu gerne auf die Begehrlichkeiten des Publikums eingeht – sei es auf musikalische oder alkoholische Art.
Tatsächlich fordert Tom Gaebel die rund 1000 Gäste in der Oper zum Mitmachen auf, was sich bei ihm aber nicht ausschließlich aufs Singen beschränkt, sondern deutlich darüber hinaus geht. Wer ein bestimmtes Lied hören will, kann dies auf eine Karte schreiben und an der Bühne abgeben; wer selbige betreten und an einer aufgebauten kleinen Bar einen Gin Tonic oder einen Sekt genießen möchte, kann seinen Wunsch ebenfalls äußern und mit etwas Glück erhört werden. Viele nehmen die Gelegenheit wahr, darunter die 95-jährige Christel, die gerne ein traditionelles Weihnachtslied wie „Lasst uns froh und munter sein“ hören möchte. Das erfüllen Gaebel und seine Band gerne, wenn auch in leicht abgewandelter, groovender Form. Ohnehin haben sich Gaebel und Co einige Freiheiten genommen, haben das schnulzige „Silver Bells“ ebenso umarrangiert (jetzt wagt sich Posaunist Richie Hellenthal in eine kleine Scat-Battle mit Gaebel) wie „Merry Christmas Everyone“; letzteres wurde kurzerhand in eine Country-Nummer verwandelt, was erstaunlich gut klingt, auch ohne Alex Völkel und Sascha Vollmer von The BossHoss, die auf „A Christmas To Remember“ zu hören sind. In der Oper übernimmt diese Partie der Gitarrist Jonas Vogelsang, dessen angeraute Stimme perfekt zu dem gewählten Stil passt.
Natürlich sind einige Lieder gesetzt, nicht zuletzt die Stücke des aktuellen Albums „A Christmas To Remember“, von denen Gaebel drei selbst geschrieben hat. Dazu kommen jene Klassiker, die bei nahezu jedem Konzert gewünscht werden, vor allem Lieder aus dem Repertoire von Frank Sinatra, dem sich Tom Gaebel besonders verpflichtet fühlt. Also setzt der 48-Jährige ihm eben ein Denkmal – weniger mit „Fly Me To The Moon“ als vielmehr mit dem „Showboat“-Klassiker „Ol’ Man River“, den Gaebel mit unglaublich viel Gefühl und Tiefe darbietet, ganz reduziert und gerade deshalb ein echter Höhepunkt des Abends. Das Publikum ist zu diesem Zeitpunkt schon völlig euphorisch und nimmt jede Gelegenheit wahr, um mitzusingen. Da spielt es dann auch keine Rolle, dass Tom Gaebel selbst an der ein oder anderen Textstelle hängen bleibt, bei dem erstmals gewünschten „Deck The Hall“ zum Beispiel oder – seltsamerweise – bei Leonard Cohens „Halleluja“. Aber gut, Worte werden wohl überbewertet. Ein „La La La“ tut’s schließlich auch. Das Publikum ist auf jeden Fall restlos begeistert und feiert bei Gaebels jubelnder Weihnachtsswing-Party nur zu gerne mit. Und wessen Wunsch unerfüllt blieb, der hofft einfach aufs nächste Mal.
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