Jin Jim: Jethro Tulls Erben

Es ist ein Jubiläum der besonderen Art, das an diesem Sonntag im Pantheon gefeiert wird: Seit zehn Jahren bringen Jin Jim dem Jazz die Flötentöne bei und balancieren dabei mühelos auf dem Grat zum Rock, verbinden also jubilierende Triller mit druckvollen Akkorden und starkem Groove. Mit dieser Mischung hat das Quartett um Daniel Manrique-Smith, in dessen Spiel sich Ian Anderson, Hermeto Pascoal und Michael Heupel zu treffen scheinen, in der vergangenen Dekade nicht nur in der Jazz-Szene für Aufsehen gesorgt. In ihren energiegeladenen Konzerten nehmen sei sich alle Freiheiten, auch wenn die Stücke dann ein wenig länger werden – was dem Publikum im Pantheon nur recht ist.

Die Ursprünge der Band liegen im niederländischen Arnheim. Dort haben Bassist Ben Tai Trawinski, Gitarrist Johann May und Drummer Nico Stallmann gemeinsam Musik studiert und zum Teil gegenseitig in den abschließenden Prüfungskonzerten ausgeholfen. Als letzterer 2012 eine Anfrage für einen Auftritt erhielt, bei dem all das erklingen sollte, was er in diesem Zusammenhang präsentiert hatte, sprach er seine Kommilitonen an und gründete ein erstes Power-Trio, das ein Jahr später unter Einbeziehung von Manrique-Smith offiziell zu Jin Jim wurde. In dieser Formation spielten sie überall, wo man sie spielen ließ, unter anderem in den Straßenbahnhaltestellen der „Jazztube“ von Thomas Kimmerle. Schnell wurden die Säle größer, die Touren weiter. „Ich erinnere mich noch gut an ein Konzert auf Madagaskar“, erzählt Manrique-Smith. „Wir hatten gerade erst ein paar Takte gespielt, als das Publikum völlig ausrastete. Ich dachte, vielleicht hätte man uns zuvor im Radio gespielt, so dass all die Menschen uns wiedererkannten – aber das war gar nicht der Fall. Die Menge hatte einfach nur Lust, zu jubeln. Diese Atmosphäre hat sich natürlich auch auf unser Spiel ausgewirkt. Es war fantastisch.“

Gleiches kann man auch über das Jubiläumskonzert in Bonn sagen, auch wenn das Publikum während der Stücke lieber ruhig blieb und aufmerksam zuhört. In den Pausen aber explodiert der Saal, die Menge zeigt sich begeistert, sowohl von Klassikern des Quartetts als auch von Stücken des aktuellen Albums „New Choices“, das wie viele neuere Platten im Schatten der Pandemie entstanden ist. Dazu gehört auch das faszinierende „World on Hold“ mit seinem hypnotischen Einstieg und dem dynamischen Verlauf. Beeindruckend, so wie ohnehin alles, was Jin Jim spielen. Und das dürfte sich so schnell nicht ändern: „Wir haben auf jeden Fall vor, noch lange zusammenzuarbeiten“, betont Johann May. „Wir sind schon besser darin geworden, uns zu streiten – dann werden wir auch besser harmonieren.“ In zehn Jahren, so der Plan, steht das nächste Jubiläum an. 2033. Im Pantheon. Da kann man sich jetzt schon drauf freuen.

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