The Joni Project: Bekenntnisse und Liebeslieder

Keine klingt so wie Joni Mitchell. Sie, die unvergessliche Singer-Songwriterin mit diesem besonderen Timbre, rhythmisch und harmonisch eigenwillig und stilprägend, eine der Besten – wenn nicht gar die Beste – ihres Fachs, sie kann man nicht einfach so kopieren. Aber manche Musikerinnen kommen ihr zumindest nahe. So wie Stefanie Hempel, Anne de Wolf und Iris Romen, die als The Joni Project zum 80. Geburtstag der Künstlerin selbige ehren wollen und kurzerhand ihr legendäres Album „Blue“ auf ihre Weise nachspielen, mit Geige, Bratsche, Cello und Bass, mit E-Piano, Harmonium und Gitarre, also mit einer viel größeren Palette an Sounds als beim Original und dennoch so passgenau, dass es eine Freude ist. In der Harmonie hat das Trio nun ein begeisterndes Konzert gespielt – und neben besagter Platte noch einige zusätzliche Klassiker präsentiert.

„Blue“ gilt als Schlüsselwerk zu Joni Mitchell und als ihr wohl persönlichstes Album. Immer wieder skizziert sie Beziehungen, gelungene ebenso wie gescheiterte, schreibt melancholische Liebes- und Abschiedslieder für Graham Nash („My Old Man“), James Taylor („Blue“) und Leonard Cohen („A Case of You“), gedenkt ihrer Wahlheimat („California“) und verweist sogar auf jenen Moment, der sie angeblich zum Schreiben gebracht hat: Die Geburt ihrer Tochter Kelly (1965), die sie zur Adoption freigab, weil sie selbst nicht für das Kind sorgen konnte. Diese Erlebnis hat sie in „Little Green“ verarbeitet – bis 1993 war der Öffentlichkeit dies allerdings nicht bewusst, und selbst heutzutage ist dieser Teil von Joni Mitchells Geschichte kein Allgemeinwissen. Zum Glück klären Stefanie Hempel und Iris Romen darüber auf, erzählen Anekdoten aus Mitchells Leben und beleuchten die Hintergründe der Lieder, die sie darbieten, ohne es mit der Moderation zu übertreiben.

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Gleiches lässt sich auch über die Arrangements des Abends sagen: Trotz des großen Instrumentariums auf der Bühne überladen die drei Damen die Stücke nicht mit Klangfarben und Effekthaschereien, sondern erweisen sich ganz im Gegenteil als überaus feinfühlige Musikerinnen mit einem exzellenten Gespür dafür, was Joni Mitchells Werk verträgt. Und das kann eben auch mal eine E-Gitarre sein, so wie bei „This Flight Tonight“. Diese im Original nur auf eine Pedal-Steel-Gitarre und Mitchells einzigartige Stimme reduzierte Nummer hat die Rockband Nazareth 1973 in einen Chart-Erfolg verwandelt, und die Cover-Version hat Joni Mitchell so begeistert, dass sie bei einem Auftritt in London das größtmögliche Kompliment vergab. „Ich möchte mit einem Nazareth-Song anfangen“, soll sie damals gesagt haben. Daran knüpfen The Joni Project an, indem das Trio für den ersten und einzigen Hard-Rock-Moment des Abends sorgte – und auch das wirkte nicht aufgesetzt, sondern fügte sich vielmehr harmonisch in das Gesamtkonzept ein. Auf diese Weise spielten Hempel, Romen und de Wolf das komplette Album „Blue“, bevor sie nach einer längeren Pause noch einige Meisterwerke wie „Both Sides Now“, „Woodstock“ oder „The Circle Game“ nachlegten. Das Publikum war letztlich restlos begeistert. Zu Recht: Besser kann man Joni Mitchell kaum gerecht werden.

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