Alles hat sich verändert im Leben von Jan Weiler. Damals, vor Corona, bei seinem letzten Besuch im Haus der Springmaus, waren die beiden Kinder Carla und Nick (fiktive Gestalten in den Kolumnen und Romanen des 56-jährigen Journalisten und Autors, seinem Sohn und seiner Tochter aber zumindest in Ansätzen nachgebildet) noch mitten in der Pubertät und die Erziehenden daher am Ende ihrer Kräfte – und jetzt sind sie schon erwachsen, zumindest rechtlich und biologisch gesehen. Derweil haben sich die Eltern einvernehmlich getrennt und die Kinder gleich mit, so dass Weiler jetzt in einer Männer-WG mit seinem Filius haust, was sich mitunter als recht chaotisch darstellt. Und für das Publikum überaus unterhaltsam ist.
Natürlich hat dieser Wandel einiges für sich. Rolf Zukowski ist ebenso aus dem Weilerschen Umfeld verschwunden wie Bobo Siebenschläfer, statt in allen Ritzen verstecktem Reiswaffel-Beton kleben
jetzt eher gut sichtbare Burger-Reste auf dem Sofa, und der Vollrausch der Pubertiere ist der geselligen Trunkenheit von Feierabendbier-Genießern mit trainierten Lebern gewichen. So ganz
friedlich verläuft das Leben aber dennoch nicht, insbesondere weil Nick und sein Vater sich leidenschaftlich gerne Streiche spielen, angefangen bei der Umstellung des Netflix-Menüs auf Griechisch
über schlumpfige Manipulationen des Bluetooth-Lautsprechers im Bad bis hin zu einer unwissentlichen Hot-Chip-Challenge, die im Grunde überhaupt nicht lustig ist (immerhin hat sie schon für einige
Jugendliche im Krankenhaus geendet), von Weiler aber gut verpackt wird. Deutlich unterhaltsamer ist aber dennoch der verzweifelte Versuch Nicks, beim Taschengeld nachverhandeln zu wollen
beziehungsweise in finanziellen Notsituationen seinen Vater mit Emoji-schwangeren Textnachrichten um Hilfe zu bitten.
Im Gegensatz zu seinen früheren Büchern steht Jan Weiler beziehungsweise sein literarisches Alter Ego in den Geschichten zunehmend allein im Mittelpunkt, vor allem wenn er scheitert. Mal dreht
sich alles um den Terror-Hahn Mussolini, der Weiler im Italien-Urlaub zu Höchstleistungen im Joggen treibt, dann wieder um einen abgefallenen Sakko-Knopf, den er angesichts eines Nadelöhrs von
der Größe eines Wasserstoff-Atoms am liebsten an das Jackett dübeln möchte, dann aber doch lieber auf Nummer Sicher geht und zur Heißklebepistole greift. Einer der Höhepunkte ist dann aber doch
der Backwettbewerb gegen die Ex und Miss Carla, zu dem sich Weiler und Sohn hinreißen lassen. Das führt zur Erfindung von neuen Mörteltechniken, Kipferl-Krümeln und der Einsicht, dass man das
Glasieren erst nach dem Backvorgang in Angriff nimmt, und auch nur dann, wenn kein Hobby-Kung-Fu-Kämpfer in der Nähe ist. Klingt komisch, ist aber so. Wer mehr dazu wissen will, muss halt zu
Weilers aktuellem Buch „Älternzeit“ greifen.
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