Manchmal kann die eigene Geschichte für einen Künstler zur Last werden. Da werden Ansprüche gestellt, Erwartungen erhoben, ein bestimmter Stil gewünscht. Das a-cappella-Quintett Alte Bekannte könnte davon ein Lied singen, wenn es denn wollte: Auch nach sechs Jahren gilt die Gruppe um Daniel „Dän“ Dickopf immer noch als die Nachfolgeband der Wise Guys, trotz vier veröffentlichter Alben, vielen Konzerten und inzwischen einer Mehrheit an Sängern ohne diese Vergangenheit; außer Dän ist nur noch Björn Sterzenbach ein ehemaliger Schlaumeier. Andererseits ist es natürlich immer noch von Vorteil, auf die wohl populärste deutsche Vokal-Formation der ersten Dekaden des 21 Jahrhunderts verweisen zu können, und so haben sich die Alten Bekannten mit diesem Label arrangiert – und im Pantheon vor ausverkauftem Haus gespielt.
Nicht nur personell, sondern auch kompositorisch lässt sich die enge Verwandtschaft zwischen den Alten Bekannten und den Wise Guys nicht leugnen. Letztere hätten Songs wie „Eigentlich“, „Perfekt“
oder „Nicht mein Zirkus“ ebenso schreiben und präsentieren können wie erstere es tun, mit Harmonie-dap-daps und chorischen Uhhs, spritzig, keck und mit einer ganz besonderen Leichtigkeit. Nur
selten wirken einzelne Nummern bemüht – auf das Eifel-Medley, in dem diverse Pop-Songs durch den Kakao gezogen werden (unter anderem mit „Eifel survive“, „Eifel good“ und „Eifelieve I can fly“),
hätte man aber ruhig verzichten können. Solche Verballhornungen haben die Alten Bekannten schließlich nicht nötig, da können die Fünf – und vor allem Kreativkopf Dän – Besseres schreiben.
A propos Dän: Seit einem Schlaganfall mitten in der Corona-Zeit ist der 52-Jährige nicht mehr ganz bei Stimme und verzichtet daher bis auf Weiteres auf die Lead-Partien. Nur einmal macht er eine
Ausnahme: Ein Lied gegen die Sprachlosigkeit im Angesicht von bestimmten Menschen will er unbedingt singen. „Du bist ein Arschloch“, bricht es dann aus ihm heraus. So viel Zeit muss sein. Danach
überlässt Dän den Platz im Rampenlicht wieder anderen, vor allem dem Jungzugang Friedemann Petter, während er selbst vor allem Beatboxing-Parts übernimmt, was er wirklich fabelhaft macht.
Gegen Ende des Konzerts erfüllen die Alten Bekannten dann den sehnlichsten Wunsch des Publikums: Wise-Guys-Songs. Irgendwie traurig. Aber gut, wenn die Bekannten mitziehen… Warum dann allerdings
„Deutsche Bahn“ und „Antidepressivum“ auf dem Programm standen und nicht etwa der „Ohrwurm“, „Das Meer“ oder „Nur für dich“, bleibt ein Mysterium. Immerhin sorgt das Quintett aber mit „Sing mal
wieder“ für einen Höhepunkt, zumal sich das Publikum die Aufforderung im Titel zu Herzen nimmt und sich lautstark in das Konzert einbringt. Das hat schon die Konzerte der Wise Guys immer
ausgezeichnet. So macht eine Rückkehr Spaß.
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