HBB + Sweet Electric: Goldzwerg trifft Nordsee-Blues

In 20 Jahren Crossroads-Festival hat wahrscheinlich noch nie eine Formation gespielt, die die Bühne der Harmonie besser kennt als die Hamburg Blues Band. Die Nordlichter um Frontmann und Gründungsmitglied Gert Lange, die seit 1982 immer wieder mit hochkarätigen Gästen wie Chris Farlowe, Maggie Bell oder Arthur Brown spielen, sind Stammgäste in Endenich, schätzen den Club für seine Technik, seine Akustik und für die treuen Fans. Doch am dritten Abend der Crossroads-Jubiläums-Ausgabe bleibt die Hamburg Blues Band hinter den Erwartungen zurück. Alles ist gedämpft, das Feuer, die Energie, die Leidenschaft, und auch wenn sich vor allem Saiten-Virtuose Krissy Matthews in zahlreichen Soli bemüht, dies zu korrigieren und der Musik etwas mehr Schub zu verleihen, kommt die wirkliche Qualität der Band erst mit der Erweiterung um Colosseum-Gitarrist Clem Clempson zum Tragen. Er und Matthews verstehen sich blind, spielen sich die Bälle zu, begeistern mit Doppel-Soli von allererster Güte (unter anderem bei „Foxy Lady“) und geben Vollgas, statt das Konzert durch langatmige Ansagen auszubremsen. Geht doch.

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Als Glücksfall erweist sich zudem, dass die Hamburg Blues Band das Doppelkonzert eröffnet statt beendet hat – so geht die Spannungskurve kontinuierlich nach oben und bereitet den Boden für den explosiven Auftritt von Sweet Electric, die als Ersatz für Big Sugar nachgerückt sind und so sehr unter Strom stehen, dass sie wahrscheinlich ein eigenes Kraftwerk brauchen. Frontmann Brad Marr, der seinen nicht allzu hochgewachsenen Körper in eine Art Goldfolien-Outfit gezwängt hat und wie ein Duracell-Derwisch über die Bühne wirbelt, erweist sich als ebenso kraftvoller wie charismatischer Sänger, der das Publikum innerhalb von Sekundenbruchteilen in die Rock-Euphorie geführt hat und von da aus nur noch eine Richtung kennt: Nach oben. Die anderen Musiker stehen Marr dabei in nichts nach, weder optisch (alle spielen mit der Bildsprache des Glam Rock, haben Kajal aufgelegt und ein bisschen Glitter) noch technisch. Kein Wunder, haben doch alle bis auf Marr in den Niederlanden Musik studiert – Drummer Nico Stallmann kennen manche vielleicht durch die Jazz-Rock-Formation Jin Jim. Mit Sweet Electric gehen sie nun völlig aus sich heraus, lassen es krachen und sorgen so für eine fantastische Party-Stimmung. Mit etwas Glück wird man diese Band noch öfter in der Harmonie sehen. So wie auch die Hamburg Blues Band.

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