Michael Patrick Kelly: Bekenntnisse und Geständnisse

Eintönigkeit kann man Michael Patrick Kelly wahrlich nicht vorwerfen. Der 45-Jährige, der einst als Wunderkind und Teenieschwarm der Kelly Family zahlreiche Erfolge bescherte und erst durch einen sechsjährigen Klosteraufenthalt mit sich selbst ins Reine kam, hat sich in den vergangenen zehn Jahren zu einem überaus vielseitigen Solo-Künstler entwickelt, der immer wieder nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten sucht, um seine sozialen und spirituellen Botschaften unters Volk zu bringen. Mit Erfolg, wie jetzt auch das Konzert auf dem KunstRasen zeigt. Rund 3000 Menschen sind an diesem Sonntagabend in die Gronau gekommen, um Paddy zu erleben, der mühelos zwischen Hardrock, Electro-Pop und Lagerfeuer-Songwriting hin- und herwechselt, während er seine vor Bildern, Metaphern und Symbolen überquellenden Lieder in die Menge fliegen lässt. Und auch wenn diese Aufzählung auf dem Papier ein bisschen nach Beliebigkeit klingt: Live wirkt tatsächlich jede einzelne Nummer authentisch. Was alles andere als selbstverständlich ist.

In vielerlei Hinsicht ist ein Abend voller Symbole, sowohl aus poetischer als auch aus dramaturgischer Perspektive. Kelly weiß um die Bedeutung von eingängiger Bildsprache und entsprechender Inszenierung, weiß um die großen und um die kleinen Momente, die im kollektiven Gedächtnis hängenbleiben – und er sorgt dafür, dass es von allem genug gibt, angefangen von dem gelben Boot, dessen Bild das Cover des aktuellen Albums „B.O.A.T.S.“ ziert und das an die riskanten Flüchtlingsbewegungen übers Mittelmeer erinnert, bis hin zu der Friedensglocke, die Michael Patrick Kelly aus alten Kriegswaffen von der Schlacht von Verdun gießen lies und für eine Schweigeminute läutet. Dabei geht es ihm allerdings weniger um die perfekte Show, wie er in einem Interview mit dem General Anzeiger gestand, sondern vielmehr darum, „den Menschen bewegende Momente zu schenken.“ Und das gelingt ihm tatsächlich mühelos, nicht zuletzt deshalb, weil alle Songs auf „B.O.A.T.S.“ (ein Akronym für „Based On A True Story“) seinen Aussagen zufolge auf wahren Geschichten basieren: Mal singt er von dem Schwerverbrecher, der im Gefängnis zum Ikonenmaler wird, dann wieder von einem blinden Leichtathleten oder - sehr eindringlich - von seinen Weckrufen für Amerika. Auch Persönliches erzählt er, nicht nur von seinem Glauben, sondern zum Beispiel auch von den Blumen, die er als Kind in Nordspanien gestohlen und hat, um sie auf das Grab seiner Mutter legen zu können; Jahre später, so gesteht er tief bewegt und den Tränen nah, habe er den Diebstahl mit einem Pickup voller Blumen wieder gut gemacht.

Diesw Emotionalität, diese Offenheit und Ehrlichkeit hat schon beim letzten Besuch Kellys auf dem KunstRasen vor vier Jahren funktioniert – auch damals war Regen der einzige Wermutstropfen eines ansonsten spannenden Abends, mit einem Künstler, der zu berühren und zu begeistern versteht und der sich eben nicht von der Welt zurückgezogen hat, sondern im Gegenteil die Vielfältigkeit des Lebens feiert. Gut so.

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