FolkPicknick: Fünf Bands für ein Schattenvolk

Der erste Eindruck täuscht. Nur eine handvoll Leute stehen vor der kleinen Bühne, die der KunstRasen-Verein für sein FolkPicknick auf den Front-of-Stage-Bereich gesetzt hat und auf dem an diesem heißen Samstagnachmittag fünf Bands aus ganz Europa ein kostenloses Konzert geben. So wenig Publikum, und das, obwohl nach dem schweren Regen im vergangenen Jahr nun immerhin die pralle Sonne vom Himmel schien? Doch wie gesagt: Der Eindruck täuscht. Denn tatsächlich sind sehr viel mehr Menschen auf dem Gelände als man zunächst annehmen könnte, allerdings im kühlen Schatten statt mitten auf dem längst zur Wüste mutierten Platz, verborgen unter den Bäumen und zwischen den – weitgehend geschlossenen – Fressbuden und Zelten am Rand. Zwei- der sogar dreihundert dürften es schon sein, die ihren Weg in die Gronau gefunden haben, und auch wenn die Künstlerinnen und Künstler auf der Bühne diese kaum zu Gesicht bekommen, sind sie doch zumindest bei dem herzlichen, dankbaren Applaus hörbar.

Den haben sich die Bands auch redlich verdient. Schon um 14 Uhr setzt das Gitarren-Duo Four Chords & the Truth mit feinen Pickings und Singer-Songwriter-Nummern im Stil von Allan Taylor erste Akzente, bevor die Irish-Folk-Formation Larún mit Jigs und Reels das Tempo erhöht. Im Grunde hat die Band in Bonn ein Sechstel Heimspiel (Flötist Stefan Decker ist hier beheimatet), und angesichts der flotten Melodien ist die Begeisterung aus dem Off verständlich. Eine Dame kommt sogar vor die Bühne und tanzt ab und zu mit. Für die Band ist es trotzdem eine Herausforderung, den weitgehend leeren Platz zu bespielen: Einen Tag zuvor haben sie noch im Breisgau vor 700 Leuten gespielt, allerdings eigenen Aussagen zufolge dabei einen Temperatursprung von 30 auf 10 Grad erlebt. Auf dem KunstRasen ist die Hitze wenigstens konstant.

Im Anschluss hat es das Trio Zero Point Five aus Luxemburg ein bisschen schwerer, die Besucherinnen und Besucher zu animieren. Dabei bieten die beiden Gitarristen Gilles Saracini und Kiko Menichetti sowie Geiger Chris Reitz eine durchaus reizvolle Mischung aus Pop, Country und Folk mit überaus virtuosen Läufen – leider kommt der volle Sound, den ihr aktuelles Album „Southern Breeze“ auszeichnet, in Bonn nur äußerst eingeschränkt aus den Boxen, so wie etwa bei der Sommer-Single „Replay“. Schade, denn eigentlich hätten Zero Point Five das FolkPicknick ordentlich rocken können.

Mit Estrela Gomes folgt eine Künstlerin, die seit gut einem Jahr immer wieder in Bonn für Aufsehen sorgt. Entdeckt hat sie „Over the Border“-Veranstalter Manuel Banha, der von der Portugiesin sofort angetan war und sie kurzerhand für sein Weltmusikfestival gebucht hat. Dort kam sie so gut an, dass sie Anfang diesen Jahres ihr erstes eigenes Club-Konzert spielen durfte, natürlich in der Harmonie, und auch mit ihrem Vorbild, der französischen Nouvelle-Chanson-Sängerin Zaz, konnte sie dank des Bonner Konzert-Veranstalters Ernst-Ludwig Hartz die Bühne teilen. Insofern ist die Bundesstadt für Gomes eine Art zweites Zuhause geworden, was man sofort hört. Die Lebensfreude der charmanten Sängerin tropft aus jedem Ton, und so ist es kein Wunder, dass sie deutlich mehr Fans vor die Bühne lockt als die Bands zuvor, zumal sich inzwischen auch immer wieder Wolken vor die Sonne schieben und die Temperaturen etwas erträglicher machen. Den Abschluss des FolkPicknicks gestaltet schließlich das englische Duo Broom Bezzums.


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