La Signora: In der Nische des Wahnsinns

Die Welt ist bekloppt, da ist sich Carmela de Feo ganz sicher. Total irre, balla balla. Ist aber egal. Schließlich ist La Signora nach eigener Aussage noch bekloppter und zudem auf dem besten Weg, ihr Publikum im Haus der Springmaus auf das selbe Level zu bringen. In der Verrücktheit liegt nun einmal die Erlösung, nur so kann man in de Feos Universum überleben. Und wenn sich alle in der Nische des Wahnsinns tummeln, ist es wenigstens schön kuschelig. Was der clownesken Satirikerin mit dem Akkordeon, die auf der Bühne wie ein wild gewordener Flummi hin und her hüpft und sich mit Gesang und Tanz restlos verausgabt, nur recht ist. Selbst eine selbst ernannte Psycho-Königin ist schließlich einsam ohne Untertanen – oder zumindest ohne Gleichgesinnte.

Seit 16 Jahren schlüpft Camela de Feo immer wieder in die Rolle der Signora, einer ebenso schrulligen wie neugierigen Italo-Ruhrpott-Dame, die zu allem was zu sagen hat und sich gerne aus dem Publikum ein paar Stichworte holt, um den kruden Rahmen ihres Programms „Meine besten Knaller“ zu füllen. Das führt mitunter zu skurrilen Situationen, etwa wenn de Feo bei jedem im Saal Stress diagnostiziert und direkt danach auf jemanden trifft, der beruflich gar nichts macht. Kein Problem für die Primadonna des Chaos, die nicht nur körperlich, sondern auch geistig überaus geschmeidig ist und jedem argumentatorischen Stolperstein mehr oder weniger elegant ausweichen kann. Das ist nicht selbstverständlich, zumal nicht jeder Komödiant so geschickt mit seinem Publikum umgeht wie La Signora. Die nimmt sich eben Zeit für ihre Fans, selbst wenn sie dadurch zehn Minuten braucht, nur um endlich ein italienisches Sprichwort ohne Abschweifungen auszuformulieren. Und das wohlgemerkt, ohne dass es langweilig wird. Oder peinlich.

Als geborene Entertainerin und leidenschaftliche Sängerin macht de Feo natürlich nur, was ihr gefällt. Unter anderem beinhaltet das zahlreiche Pop-Nummern, die La Signora mit neuen Texten versehen hat. Mühelos entstaubt sie unter anderem Wham („Wake Me Up Before You Go-Go“), die 4 Non Blondes („What’s Up“), Labelle („Lady Marmelade“) und Shaggy („Bombastic“), rappt und trällert, jauchzt und schmettert, was sie durchaus beherrscht. Wenn sie will. Dies gilt umso mehr für ihr Akkordeon, das sie ab und zu mal einsetzt, dabei aber ihr eigentliches Talent für dieses Instrument versteckt – immerhin hat sie einst Akkordeon studiert und unter anderem bei der deutschen Erstaufführung der Tango-Oper „María de Buenos Aires“ von Astor Piazzolla den Bandoneon-Part übernommen. Doch trotz all ihrer Lieder liegt der Schwerpunkt von de Feos Kleinkunst im Gespräch, in den Ratschlägen zu Orangenhaut, den Verführungsversuchen des ein oder anderen Mannes in der ersten Reihe, den Ausführungen zum Sündenfall und ihrer Grill-Kenntnis (bei ihr wird sogar die Anzahl der Flammen verglichen). Verrückt? Ja, vielleicht. Aber für La Signora auch völlig normal. Und für das Publikum eine Erfahrung.

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