Alles ist weg. Haus, Auto und Frau haben sich in Luft aufgelöst, und Bauunternehmer Waghubinger steht jetzt auf einmal nackig da, ganz ohne die für ihn so wichtigen Statussymbole. Was bleibt da noch? Burnout und eine gesetzliche Krankenversicherung, da könnte er sich ja gleich selbst den Totenschein ausstellen. Stattdessen spielt er gegen sich selbst Monopoly, das beruhigt, vor allem wenn er gewinnt. Derweil klagt Waghubinger, der alte Egomane, dem Publikum im Haus der Springmaus sein Leid, erzählt von Ängsten und zerbrochenen Träumen, von dem geliebten Porsche und von einem traumatisierenden Kaptain-Kirk-Pullover – und inszeniert sich gleichzeitig als liberales Feindbild und als trauriger Jedermann.
Waghubingers Bühnenpersona ist zugegebenermaßen alles andere als sympathisch. Seine Ex-Gattin hatte er einst nur wegen ihres Erbes geheiratet, Freunde hat er nur, so lange sie solvent sind, und
in seiner Firma thront er auf den Rücken seiner Angestellten. Und doch kann man dieser Figur nicht so richtig böse sein. Deprimiert ist sie, melancholisch, nachdenklich, und auch wenn man diesen
Waghubinger nicht mögen muss, erregt er doch zumindest Mitleid. Eine derart feine Charakterzeichnung zeugt von dem schauspielerischen Talent des Österreichers, der weder Grantler noch Gift
spritzender Zyniker ist und der doch mit hintersinnigen, schwarzhumorigen Pointen deutlich in der Tradition von Josef Hader und Georg Kreisler steht.
Immer wieder verknüpft Waghubinger die Eigenheiten seiner Figur, insbesondere die schlechten, mit soziokulturellen Problemen. Dabei obliegt es dem Publikum, die Verbindungen zu ziehen, wenn
Waghubinger von den unsichtbaren Geistern der Zukunftsangst spricht, vom drohenden Zusammenbruch der Finanzmärkte und von der kulturellen Ignoranz der Mächtigen, die sich gerne auf einem roten
Teppich zeigen und zugleich von mangelnder Systemrelevanz schwafeln. Derartige Begriffe nimmt Waghubinger natürlich nicht in den Mund, das wäre zu einfach, zu offensichtlich, zu platt.
Stattdessen erzählt er von den „unsinnigen“ Höhlenmalereien der Steinzeitmenschen, von seinem sich auf den röhrenden Hirsch beschränkenden eigenen Kunstverständnis und von den religiösen
Konnotationen eines Amazon-Versandzentrums in ferner Zukunft. Dann wieder sinniert er über den Sinn des Lebens, realisiert wie einst Sokrates, dass er nichts weiß – und entschuldigt damit
jegliches Fehlen von Eigenverantwortung. Denn warum selber denken, wenn es eh nichts bringt? Auf diese Ausrede kann und will sich sein Publikum nicht zurückziehen, hängt an den Lippen des
56-Jährigen und dankt ihm am Ende mit herzlichem Applaus.
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