Onkel Fisch: Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit

Die Wahrheit stirbt zuerst. In jedem Konflikt, in jedem Disput und in jedem Krieg ist die Deutungshoheit über das Narrativ eines der zentralen Ziele, um die eigenen Taten zu rechtfertigen. Wer seine Anhänger von einer Hexenjagd überzeugen kann, kann sich bei Wahlen entspannt zurücklegen: Ein Sieg ist dann die Folge eines erfolgreichen Kampfes gegen das Establishment, eine Niederlage die Schuld der anderen. Und die Wahrheit? Ist eine Lüge. Doch genau dagegen begehren Onkel Fisch jetzt auf. Das Kabarett-Duo widmet sich in ihrem aktuellen Programm ausschließlich dem Verhältnis von Wahrheit und Lüge – und stößt dabei schnell an künstlerische Grenzen.

Die von Adrian Engels und Markus Riedinger gepflegte Satire verläuft seit fast 30 Jahren nach dem selben Muster: Politisches Kabarett mit beträchtlichem Auflärungspotenzial trifft auf anarchische Pointen, Clownerie und absurdes Theater, das Sinn Stiftende auf auf die hohen Formen des Blödsinns. Die so entstehende Fallhöhe ist das Lieblingsspielzeug des Duos, das mit dem Publikum bereitwillig mit der Mental-Achterbahn fährt und hofft, dass auf diese Weise ein paar elementare Fakten hängenbleiben. Beim Thema „Wahrheit“ steigen sie allerdings ein bisschen zu tief ein, beschäftigen sich mit philosophischen Strömungen von Aristoteles bis Elon Musk, versuchen den Unterschied zwischen Querdenkern und Kabarettisten aufzudecken und bleiben dabei doch mehr als einmal hängen. Die sonst so geliebte Diskrepanz erweist sich mitunter als Hindernis, der Hürdensprung von Verfügbarkeitsheuristik zu bekifften Kinderhirnen als zu unsicher, um auf diese Weise echtes Verständnis zu schaffen.

Schade, zumal Onkel Fisch sich wirklich bemühen und auch einige gelungene Beispiele haben. So wie der Plan, ganz Deutschland mit regenerativen Energien zu versorgen, was zumindest von den Zahlen her gar kein Problem sein dürfte. „Um dieses Ziel zu erreichen, bräuchten wir 2400 Quadratkilometer Solarpanele, oder eben die Fläche des Saarlandes“, rechnet Adrian Engels vor. „Das klingt nach viel, ist aber nur 0,7 Prozent des gesamten Bundesgebiets, das übrigens nur zu 13 Prozent bebaut ist." Man müsste also nur wollen. Und die Zahlen verstehen. Warum Onkel Fisch im Anschluss aber einen skurrilen Schwert-Zaubertrick vorführt, das versteht wiederum keiner. "Keine Ahnung zu haben, ist doch unser Normalzustand", betont das Duo später am Abend. Na dann.

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