Klänge wabern durch den Raum, oft melancholisch, manchmal wuchtig, immer komplex und dabei doch so klar. Ein Genuss, nicht nur für Progressive-Rock-Fans. Nicht ohne Grund gewinnen Lazuli auch im 25. Jahr immer wieder neue Fans, die sich dem Sog der charismatischen Franzosen nicht entziehen können oder wollen. Zu eindringlich ist der hohe Gesang von Frontmann Dominique Leonetti, zu virtuos die eingestreuten Instrumental-Soli und zu hypnotisch die Grooves, die mal sanft dahinfließen und dann wieder die Band rigoros nach vorne treiben. Jetzt sind Lazuli zum zweiten Mal nach 2021 zu Gast in der Harmonie, mit ihrem neuen Album „Onze“ im Gepäck und mit der ihnen eigenen Spielfreude. Ein Erfolg: Die Mischung aus Leichtigkeit und Komplexität, aus Melancholie und Humor lässt niemanden im Saal kalt, und auch wenn nicht jeder im Publikum des Französischen mächtig ist, spricht die Musik doch ihre eigene Sprache. Und die ist nun einmal wunderschön.
Gleichzeitig bemühen sich Lazuli sehr um Verständlichkeit. Leonetti hat extra für die Konzerte in Deutschland all seine Moderationen übersetzen lassen und erzählt so unter anderem von dem einen Mal, als er einen Tag vor Karneval als Einziger kostümiert in der Schule auftaucht. Dann wieder singt er von Tränen im Regen, während im Hintergrund sanfte Supertramp-Referenzen ertönen, von Spiegelwelten und Spiegelzahlen oder auch von den Bienen, die während des Lockdowns zurückkehrten und darauf hofften, bleiben zu können – was sich jetzt, mit dem Ende der Corona-Einschränkungen, leider wieder erledigt hat. Ja, inhaltlich ziehen Lazuli alle Register und lassen das Erbe der großen Chansonniers ein ums andere Mal durchscheinen. Und musikalisch? Stehen sie natürlich in der Tradition von Porcupine Tree (die übrigens im Juni auf den KunstRasen kommen), Peter Gabriel oder Pink Floyd, aber auch in der von Magma, wenn auch mit deutlich kompakteren Kompositionen.
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Eine Besonderheit von Lazuli ist mit Sicherheit die ungewöhnliche Instrumentierung. Neben dem klassischen Rock-Equipment greifen Keyboarder Romain Thorel und Drummer Vincent Barnavol auch mal zu Waldhorn respektive Marimba – letzteres spielt dann auch bei der Zugabe eine herausragende Rolle. Das Prunkstück ist allerdings zweifelsfrei die Léode, eine einzigartige Variante des Chapman Sticks, das Claude Leonetti erfand, nachdem er durch einen Motorradunfall die Kontrolle über seinen linken Arm verlor. Diese ungewöhnliche Verbindung aus Gitarre und Synthesizer erlaubt Leonetti Zugriff auf eine ganze Batterie von Sounds, die er meisterhaft zu mischen versteht. Während die Stücke von „Onze“ dabei eher fragil und mitunter bedrückend erscheinen, drehen Lazuli an anderer Stelle auf und lassen ein Klanggewitter über den begeisterten Fans los, die die Franzosen ausgelassen feiern und von ihnen gar nicht genug bekommen können. Insofern dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis Lazuli wieder in Bonn auftreten werden, dann hoffentlich vor ausverkauftem Haus. Das hätte die Band mehr als verdient.
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