Stella Tonon: Schlager im Fleischwolf

Klangeffekte heulen durch den Saal der Harmonie, ein sich aufbäumender Wind voller Geräusche und Töne, fast schon bedrohlich wirkend. Und mittendrin tanzt und schreit sich Stella Tonon die italienische Seele aus dem Leib, während sie einen „Canzone d'autore“ durch den Fleischwolf dreht und ihn dabei mit Elementen aus New Wave, Psychedelic und Alternative Rock anreichert. Ein gewagtes Experiment, vor allem für eine Sängerin, die mit dieser rauen Interpretation von Titeln, die unter Liebhabern der italienischen Liedermacherszene als sakrosankt gelten, ihr Debütalbum präsentiert. Doch das Konzept geht tatsächlich auf. Zumindest wenn man die Originale nicht kennt.

Nicht nur musikalisch erinnert Stella Tonon mit all ihrer Energie immer wieder an Patti Smith, die Schamanin des Punk und eine echte Ikone. So manche ihrer Manierismen hat sich auch die 44-jährige Wahlkölnerin angeeignet, leider ebenso wie ein Faible für ein düsteres, eintöniges Bühnenlicht. Mal ist die Bühne ausschließlich in rote und dann wieder in ausschließlich blaue Farben getaucht, in denen Tonon und ihre Kollegen um Pianist Marcus Schinkel schlichtweg untergehen, zumal aufhellendes Frontlicht offenbar im Repertoire des Band-Technikers fehlt. Das erschwert unweigerlich den Zugang zu den Musikern, zumal Tonon bei allen Parallelen nun einmal nicht Patti Smith mit ihrer beinahe magischen Präsenz ist. So wirken manche Verrenkungen doch recht exaltiert, verschiedene Gesten geradezu pathetisch. Andererseits verfügt Tonon über eine bemerkenswerte, kraftvolle Stimme, deren Möglichkeiten sie voll auslotet und durchaus effektiv einsetzt. Mit der Tradition der Cantautore, wie man die italienischen Liedermacher bezeichnet, hat das zwar nur noch am Rande zu tun, doch der herzliche Beifall des Publikums zeigt, dass Tonon mit ihrer Lesart einen Nerv getroffen hat.

Einen nicht unerheblichen Anteil am Erfolg des Konzerts hat die Band. Schinkel ist angesichts des offenen Rahmens natürlich voll in seinem Element, aber auch Drummer Wim de Vries und Bassist Joost Zoeteman laufen zu Bestform auf. Zudem hat Stella Tonon den achtjährigen Amon Deeb eingeladen, der mit seinem Trompetenspiel bereits am Eröffnungsabend mit den Local Ambassadors vom Publikum begeistert empfangen wurde. Bei den nächsten Konzerten wird sie allerdings ohne ihn auskommen müssen. Was angesichts der immensen Energie Tonons kein Problem sein dürfte.

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